press release only in german

"Kann man mit dem Stift noch die Wirklichkeit erfassen oder braucht man dafür viele kleine Automaten, die das machen? Je unmöglicher es scheint, desto eher sollte man es machen." Thomas Schütte (2004)

Als international renommierter Bildhauer konnte Thomas Schütte (geb. 1954) in zahlreichen Ausstellungen die Vielfalt seiner plastischen Arbeiten vorführen. Dass er gleichzeitig ein umfangreiches Werk von Arbeiten auf Papier anfertigte, wurde bislang eher beiläufig gewürdigt. Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden präsentiert Zeichnungen und Aquarelle, die seit dreißig Jahren kontinuierlich neben seinen bildhauerischen Projekten als autonome Werke entstanden. Hier zeigt sich die Affinität des Künstlers zu Inszenierungen und Repräsentationsformen der Kunstwelt. Thomas Schüttes Zeichnungen belegen bereits zur Studienzeit an der Kunstakademie Düsseldorf eine intensive Beschäftigung mit aktuellen gesellschafts- und tagespolitischen Fragen, die in der künstlerischen Deutung eine oft ironische Wendung erfahren. So kommentiert er die Dramatik politischer Slogans in spitzfindigen Wort-Bild-Kombinationen, die jede Floskel und Theatralisierung alltäglicher Realität entlarven.

Auch in Architekturentwürfen bezieht er ironisch Stellung zu Konstrukten postmoderner Baukunst und führt diese ad absurdum. Aus unterschiedlichsten Versatzstücken fügt Thomas Schütte in den Arbeiten der 1980er Jahre auf dem Papier architektonische Konstrukte zusammen. In diesen vereinen sich Elemente von Monumentalbauten mit verfremdeten Alltagsgegenständen wie Farbeimern, Brillen, Flaschen oder Maschinenteilen. Sie suggerieren eine klar definierte Funktionalität, die jedoch beim Versuch, das Modellhafte ins Konkrete zu transformieren, nicht eingelöst werden kann.

Thomas Schüttes Porträtzeichnungen hingegen zeigen von anonym bleibenden Männerköpfen über Aquarellskizzen des Modells Luise bis hin zu Selbstporträts eine je eigene Intensität in der Auseinandersetzung mit dem Individuum. Ähnlich frei skizziert er Blumen und Früchte, die nur dem ersten Anschein nach dem Sujet des Stilllebens verpflichtet sind. Entgegen klassischer Arrangements von Objekten ordnet der Künstler diese auf ungewöhnliche Weise an: Kartoffeln werden zu Toren und Türmen, Blumen sind oft einzeln, ohne Vasen zu Papier gebracht.

Diese Vielfalt von Sujets, die Thomas Schütte auf Papier erarbeitet, lässt auf ein breit gestreutes Interesse an den jeweils gewählten Themen schließen. Meist entstehen dabei Serien sich ähnelnder Motive. Ihre oft skizzenhafte Offenheit verleiht den Zeichnungen etwas Leichtes und scheinbar Indefinites. In dieser Annäherung an den vermeintlichen Gegenstand der Betrachtung begibt sich Thomas Schütte auf eine konzeptuelle Ebene, auf welcher die Idee – hier in Gestalt einer Skizze – die Banalität des Materiellen – des gewählten Sujets – im Kunstbetrieb demaskiert.

Neben Werkzyklen aus renommierten Sammlungen in Europa werden bislang noch nie der Öffentlichkeit gezeigte großformatige Arbeiten aus dem Atelier des Künstlers ausgestellt. Mit mehr als 300 Exponaten werden entscheidende Abschnitte unterschiedlicher Werkphasen innerhalb des zeichnerischen Œuvres vorgestellt.

Das von Matthias Winzen und der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden organisierte Projekt ist eine Kooperation mit dem De Pont Museum of Contemporary Art in Tilburg und dem Neuen Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design in Nürnberg. Zur Ausstellung erscheint im Snoeck-Verlag ein umfangreicher Katalog mit zahlreichen Abbildungen und Textbeiträgen von Melitta Kliege, Barbara Wagner und Matthias Winzen. ISBN -3-936859-36-1

Pressetext

only in german

Thomas Schütte - Zeichnungen
Organisation: Matthias Winzen und Kunsthalle Baden-Baden
Kooperation: De Pont, Tilburg; Neues Museum Nürnberg; Kunsthalle Baden-Baden

Stationen:
11.03.06 - 30.04.06 Kunsthalle Baden-Baden
20.05.06 - 17.09.06 De Pont, Tilburg
20.10.06 - 21.01.07 Neues Museum Nürnberg