press release only in german

Malereien von Thomas Reinhold und Skulpturen von Julie Hayward führen in den luftigen, hellen Räumen des Museums für Gegenwartskunst einen eigenwilligen Dialog. Eine umfassende Zusammenschau der ursprünglich figurativen und expressiven, in weiterer Folge neue Wege zwischen Konkretem und Abstraktem auslotende Malerei von Reinhold wird von den wesenartigen Skulpturen Haywards quasi besucht und beschaut. Der angelockte und verunsicherte, staunende und schauende menschliche Besucher der Ausstellung mutiert zum Meta-Besucher.

Thomas Reinhold 1953 in Wien geboren, 1974 bis 1978 Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Herbert Tasquil, lebt und arbeitet in Wien.

Thomas Reinhold war in den 80er Jahren ein Mitinitiator der „Neuen Österreichischen Malerei“. Er verfolgt seine künstlerischen Ziele mit aller Konsequenz und gegen den schnelllebigen Mainstream. In den 90er Jahren ist Reinhold innerhalb der österreichischen und internationalen Malerei durch seine Eigenart immer schwer einordenbar geblieben. Nicht zuletzt aufgrund seiner experimentierfreudigen Methodik erweitert er mit seinen bedeutenden Arbeiten den Horizont der aktuellen österreichischen Malerei – sicher nicht vordergründig, nicht aufdringlich, sicher (und) subtil. Reinholds auf Reduktion und Komposition, Farbstimmung und Raumwirkung basierende Malerei der letzten 25 Jahre lebt von einer Tektonik der Farben. Naturbeobachtung und Architekturbezogenheit sind in ihr vereint. Manche Bilder lassen an Mimikri, an Tarnnetze denken, einige wirken partiturhaft, szenografisch, andere sind technoider, skulpturaler, viele vereinen die Gegensätze. Reinhold malt am Boden. Die flach im Atelier gelagerte Leinwand wird beschüttet, die Farbe geschoben. Schicht um Schicht entstehen auf diese materialbewältigende Weise teils transparente, teils pastose Verbindungen malerischer, atmosphärischer Farb- und abgegrenzter geometrischer Schattenwelten. Der konstruktive Malprozess bis zur Fertigstellung ist kein schneller. Er nimmt mit dem Raum Konzentration und Zeit in Anspruch. Selten trifft der Ausdruck „Maltechnik“ so zu wie bei diesem Künstler.

Die jüngsten abstrakten Gemälde aus den Jahren 2002/2003 betiteln sich „Fahnen“. Sie knüpfen an die der „Colourfied Painting“ nahe stehende Malerei der 80er Jahre an, setzen sich mit dem Verhältnis von Farbigkeit und Flächigkeit auseinander. „Bei den Fahnen geht es natürlich primär um eine ästhetische Suggestion, um den Verweischarakter des künstlerischen Materials, und die Werkreihe zeigt, wo ein wichtiger Teil der Aussage in diesem Aufbruch der neuen Serie steckt, sodass sich Malerei nicht zurückhalten lässt, auch wenn Modernismus reine Informationsmedien oft automatisch für avantgardistische Kunstmedien hält. Architektur der Malerei oder Malerei als hermetische Sprache. Der Gemäldezyklus in Summe betrachtet erklärt uns das Wesen einer ‚Geheimschrift’. Wie schon Arthur Schopenhauer knapp bemerkte, ‚besteht ja die echte Kürze des Ausdrucks darin, dass man nur sagt, was sagenswert ist’. Und in seinem Sinne würde Reinhold – ebenfalls sei Schopenhauer zitiert – ‚nie der Kürze die Deutlichkeit, geschweige denn die ‚malerische’ Grammatik zum Opfer bringen’.“ (Karl A. Irsigler)

Julie Hayward 1968 in Salzburg geboren, 1987–1993 Hochschule für angewandte Kunst in Wien, lebt und arbeitet in Wien.

Julie Haywards meist raumgreifende Skulpturen sind aus den Materialien Stoff, Plüsch, Schaumgummi, Plexi, Epoxy, Lackstoff und Kunststoffen aller Art gefertigt. Dementsprechende Assoziationen zu Science-Fiction-Filmen aus dieser Zeit und an Erinnerungen an diese Zeit erweckend, stehen sie in bewusster Nähe zu Designobjekten aus den 1960er und1970er Jahren. Im Gegensatz zu diesen erfüllen sie jedoch keinen praktischen Zweck. Sie sind in ihrer Funktion reduziert auf ihre künstlerische Präsenz und Wirkung. Künstlerisch reihen sie sich innerhalb der österreichischen Kunst in die Nachfolge eines Bruno Gironcoli, innerhalb der aktuellen internationalen Kunst in das Nahfeld etwa Sylvie Fleuris. Ein Zusammenhang mit dem derzeitigen Revival der 60ies & 70ies in Kultur und Mode ist unbestritten, aber nicht vorrangig gegeben. Für wichtige Zugänge sorgen die Titel dieser Arbeiten – „Sublimator“, „...coming home“, „TV-baby“, „Sweet Lullaby“, „Transformator“, „Oops“. Haywards Objektkunst zeichnet sich durch Hybridität aus. Dadurch stehen diese Plastiken nicht nur im Spannungsfeld zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit, Realität und Fiktion, Produktion und Reproduktion, sie werfen auch aktuelle Fragen der neuesten medialen Techniken und der Genforschung auf. Insofern sind sie Visualisierungen einer Zukunftsszenarien entwerfenden, etwa im 1932 entstandenen Roman „Brave New World“ von Aldous Huxley dargelegten brandaktuellen Gedanken- und Entwicklungskette.

Ironie und Witz liegen darin, dass diese künstlerischen „Produktionen“ in einigen Fällen wiederum selbst als Produktionsstätten fungieren. Auf irrationalem Wege produzieren sie etwas vielleicht Anorganisches, vielleicht Organisches, Kaviar- oder Fliegeneierartiges („big mama“, „...coming home“) oder transformieren etwas herzartig Organisches in etwas Anorganisches wie ein Seil („Sublimator“).

Durchaus schlägt sich auch das „Big Brother is watching you“-Motiv in diesen Skulpturen nieder. Einige dieser zwischen Maschine und Mensch, Hi-Tec-Entwicklung und biologischer Evolution existierenden kybernetischen Organismen ziehen unsere Blicke nicht nur an, sie beobachten uns auch (wie die Überwachungskameras im Museum). Verbunden mit der Wirkung ihres Erscheinungsbildes irritieren sie dementsprechend. Irritierend wirken auch ihre sinnlichen Qualitäten. Auf dieser Deutungsebene erschließen sich uns diese Plastiken als zu GUSS-Formen erstarrte Körperfantasien, ersonnen von einem zwischen Wachen und Träumen, Bewusstem und Unbewusstem pendelnden, traumwachen Geist.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass die Künstlerin zahlreiche Zeichnungen und Ideenskizzen produziert, bevor sie sich zur Realisierung eines dreidimensionalen Objektes entschließt.

Pressetext

only in german

Thomas Reinhold - Julie Hayward
synergie:paradox
Kurator: Michael Braunsteiner