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„Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht.“ Albert Einstein (Wie ich die Welt sehe, um 1930)

„The Moderns“ folgt dem großen Aufbruch der Moderne und konfrontiert erstmals in einer Museumsausstellung bahnbrechende Errungenschaften der Naturwissenschaften mit bedeutenden Kunstwerken. Revolutionäre wissenschaftliche Erkenntnisse des frühen 20. Jahrhunderts wie Albert Einsteins Relativitätstheorie (1905) oder Max Plancks Bestimmung des „Quantum“ (1900) formten ein radikal neues Weltverständnis und beeinflussten auch die bildende Kunst maßgeblich. Neue Entwicklungen in Mathematik und Physik, neue Vorstellungen von Raum und Zeit faszinierten und inspirierten Künstler der Zeit der Moderne und fanden in den Avantgarden, wie dem Futurismus oder dem Kubismus, ihren Ausdruck. Eine nicht-gegenständliche, abstrakte Malerei wurde prägend für das 20. Jahrhundert.

Die Ausstellung umfasst den Zeitraum von 1890 bis 1935 und zeigt rund 250 Einzelpositionen. Zu sehen sind über 80 Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und Skulpturen aus der Sammlung des MUMOK, unter anderem von Giacomo Balla, Marcel Duchamp, Franti?ek Kupka, László Moholy-Nagy, Amédée Ozenfant, Francis Picabia, Man Ray, Jacques Villon und vielen anderen. Aus dem gleichen Zeitraum werden naturwissenschaftliche, vor allem physikalische Innovationen und Technologien vorgestellt. Ludwig Boltzmann, Bernhard Riemann, Hermann von Helmholtz, Albert Einstein, Wilhelm Röntgen und Nikola Tesla hatten Theorien entwickelt und praktische Ergebnisse geliefert. Heinrich Hertz gelang der experimentelle Nachweis „unsichtbarer“ elektromagnetischer Wellen. Auf der Basis von Hertz’ Ideen wurde von Nikola Tesla der Rundfunk entwickelt. Zur gleichen Zeit zeigte Wilhelm Röntgen die Realität des Unsichtbaren. Tesla entwickelte den Wechselstrom, der die Versorgung mit Elektrizität revolutionierte. Und Ludwig Boltzmann legte die Grundlagen für Einsteins Theorien.

In der Ausstellung lassen Artefakte und Dokumente die sensationellen wissenschaftlichen Erkenntnisse anschaulich werden. Röntgenfotografien, Gasentladungsröhren, Hochfrequenzapparate und die Spuren der Elektronen in der Nebelkammer demonstrieren exemplarisch die großen wissenschaftlichen Umwälzungen dieser Zeit. Ein selten gezeigter Film von 1924 erklärt anschaulich Einsteins Relativitätstheorie.

Das „Nichtsichtbare“ darstellen Eine junge Generation von Künstlern suchte den revolutionären wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem neuen Wissen von der Welt eine ebenso revolutionäre Erneuerung der Künste gegenüberzustellen. Die Erfahrung eines Universums hinter der sichtbaren Realität — die Durchdringung der Oberfläche durch Strahlen (Röntgenaufnahmen) oder der Aufbau von Materie aus Teilchen — brachte für das künstlerische Denken neue Herausforderungen und Inspirationen. Der Versuch das „Nichtsichtbare“ darzustellen, wurde zu einem wesentlichen Anliegen der Avantgarde.

Die Erneuerung der Künste verband sich mit intellektueller Identitätsfindung: Programme und Manifeste begleiteten die neue Kunst. Eine zentrale Rolle in der frühen Geschichte der Moderne nimmt Marcel Duchamp ein. Er hinterfragt in seiner Arbeit die traditionelle künstlerische Praxis und orientiert sich an Experiment und Wissenschaft.

Neue Vorstellungen von Raum und Zeit Mit neuen Erkenntnissen in Mathematik und Geometrie rückte immer wieder die Vorstellung einer vierten Dimension ins Zentrum der Diskussion. Sie betraf den Raum, wurde aber auch als die „Zeit“ verstanden. Im Kubismus wurden diese Überlegungen — zu Brechung der Ebenen und Simultaneität verschiedener Perspektiven — aufgenommen. Die Idee der vierten Dimension war ebenso Motiv eines streng abstrakten Bildverständnisses, wie sie für Duchamp eine wiederkehrende Herausforderung bedeutete.

Bewegung und Dynamik als Motive Die Künstler strebten danach, die herkömmliche Statik des Bildraumes aufzubrechen, polyfokale Sichtweisen und schließlich Bewegung selbst darzustellen. Die Fotografie erforschte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Bewegungsabläufe und machte diese zum ersten Mal sichtbar. Mit dem Film wurde schließlich jene Technologie entwickelt, die das Phänomen Bewegung endgültig bannte.

Der Futurismus befasste sich mit den Konzepten der Bewegung, der Dynamik und der Energie, die sowohl als alltägliche aber auch als kosmische Kraft in die Darstellungen einging und bis in die Abstraktion eine bedeutende Rolle spielte.

Zufall, Chaos als Hintergrundmotive DaDa vereinigte eine Reihe von Künstlern, die bereits in anderen Gruppen, mit anderer Programmatik präsent waren, unter anderem Marcel Duchamp, Francis Picabia oder Man Ray. DaDa entstand während des Ersten Weltkriegs, DaDa war Protest gegen den Krieg und seine Sinnlosigkeit. Die Gedanken und Ideen, denen DaDa folgte, treffen sich mit den Kenntnissen über die Bewegung der Elementarteilchen. Das Ende des 19. Jahrhunderts mit all seinen Vorzeichen naturwissenschaftlicher Errungenschaften war zugleich auch eine Periode intellektueller Erneuerung. Es leistete jenen revolutionären Entwicklungen in Wissenschaft und Kunst Vorschub, die das Weltbild des 20. Jahrhunderts prägten.

Anhand einer Gegenüberstellung von ausgewählten Werken der MUMOK Sammlung und exemplarischen Erkenntnissen und Erfindungen der Naturwissenschaften verfolgt „The Moderns“ die Beziehung von Kunst und Wissenschaft in der Moderne. Die Verflechtungen dieser beiden so unterschiedlichen Welten werden in der Ausstellung als Dialog sichtbar gemacht. Sie sind in einem allgemeinen Diskurs eingebettet, der aus einer Vielzahl von neuen Theorien, umwälzenden Erkenntnissen und utopischen Vorstellungen besteht.

Ergänzt werden die in der Ausstellung präsentierten Kunstwerke aus der Sammlung durch Leihgaben von Albertina, Belvedere, Museum der Moderne Salzburg/Sammlung Fotografis, Österreichisches Filmmuseum, Art Photography Fund/Galerie Johannes Faber, Galerie Westlicht Wien, MAK, Sammlung Egidio Marzona, Peter Dressler und Roland Fischer- Briand. Die wissenschaftlichen Arbeiten und Materialien stammen aus dem Technischen Museum Wien, dem Österreichischen Filmmuseum, den Physikalischen Instituten Wien und Graz sowie aus dem Wissenschaftlichen Kabinett Wien.