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Sven Johne: Tears of the Eyewitness, 2009 Video, 23 min., Engl. mit dt. Untertiteln, Studioshot, © Sven Johne

„Sie erinnern sich jetzt bitte daran: an die Nacht des 9.Oktober 1989, an die erste große Massendemonstration in Ostdeutschland seit 1953, 70.000 Menschen sind auf dem Leipziger Ring unterwegs. 8.000 Polizisten und Soldaten stehen denen gegenüber. Die Demonstranten sind eingeschüchtert, weil die lokale SED-Presse eine „chinesische Lösung“ in Aussicht gestellt hat. Aber diese Demonstration der Leipziger ist der machtvolle Beginn des Untergangs der DDR. Diese Demonstration war entscheidend für den Untergang des gesamten Ostblocks.“ Wir sind inmitten einer professionellen Fernsehproduktion. Ein Motivationstrainer und ein etwa 40-jähriger Schauspieler sitzen sich gegenüber: Es soll „emotionales Füllmaterial“ für eine Dokumentation zum Fall der Mauer produziert werden. Das ist die Ausgangssituation für die Videoarbeit von Sven Johne, die er im ehemaligen Grenzwachturm im Schlesischen Busch präsentiert. Sven Johne ist 1976 in Bergen auf Rügen geboren und hat bis 2006 an der HGB Leipzig bei Timm Rautert Fotografie studiert, seit Ende 2008 lebt er in Berlin. Ausgehend von der eigenen Biografie bildet die Beschäftigung mit der DDR und ihrer Auflösung einen Arbeitsschwerpunkt.

In dem für den Wachturm im Schlesischen Busch konzipierten Film „Tears of the Eyewitness“ steht die Konstruktion von Erinnerung im Zentrum. Die Aufgabe des Motivationstrainers ist es, „echte Gefühle“ im Schauspieler zu erzeugen und ihn zum Weinen zu bringen. Indem er die dramatischsten Ereignisse des Jahres 1989 in Deutschland – und vor allem in Leipzig – Revue passieren lässt, will er an die persönliche Erinnerung des Schauspielers appellieren. Er ruft Bilder auf, die ins kollektive Gedächtnis eingegangen sind, erwähnt aber auch Situationen, die weniger bekannt sind. Es entsteht ein befremdliches Wechselspiel zwischen artifiziellen und ehrlich empfundenen Emotionen, das – 20 Jahre nach dem beschworenen Ereignis – auch die Betrachter des Videos erfassen wird. Parallel zur Ausstellung im Wachturm findet mit „Reconstructed Zone. Aktuelle Kunst zur DDR und danach“ im Kunstverein Wolfsburg eine von Anne Kersten kuratierte Ausstellung statt, an der Sven Johne ebenfalls mit einer filmischen Arbeit teilnimmt.

Die Ausstellung im Wachturm ist kuratiert von Christine Heidemann und Anne Kersten im Rahmen der Projektreihe „Letzte Überprüfung" von Svenja Moor. Mit freundlicher Unterstützung des Kulturamtes Treptow-Köpenick Dank an die Sammlung Kaufmann Berlin

Ein Projekt des Flutgraben e.V.

Sven Johne „Tears of the Eyewitness" (2009, Video, 23 Minuten, Engl. mit dt. UT) Schauspieler: Chris Woltmann und Marco Albrecht Kamera/Licht: Steve George Kfoury Ton: Marcel Timm Dolly Operator: Hagen Eltzsch/Julia Stöckmann Maske: Gülten Özcan-Tomm Schnitt: Sven Voss

Eröffnung: Donnerstag, 13.8.09, 19 – 21 Uhr Ausstellungsdauer: 14.8. – 27.9.2009 Öffnungszeiten: Do – So 14 – 19 Uhr

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Sven Johne: Tears of the Eyewitness, 2009
Video, 23 Minuten, Engl. mit dt. UT
Projektreihe: LETZTE ÜBERPRÜFUNG
Ort: Grenzwachturm Schlesischer Busch
Kuratoren: Christine Heidemann, Anne Kersten, Svenja Moor