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AYE dunkelblau titelt Susanne M. Winterling ihre Gruppenausstellung bei Parrotta, die sie parallel zu ihrer Einzelausstellung Vertigo zeigt. Sie bezieht sich dabei auf Derek Jarmans letzten Film „Blue“. Dieser zeigt kein einziges Bild, sondern lässt vom ersten reinen Glockenklang an, ein ebenso reines Blau über die Leinwand flackern, das von einer ruhigen Stimme untermalt, vom Erblinden, vom Abschiednehmen, und vom Entschwinden erzählt. „Blue“ gilt als Testament des erblindeten Regisseurs, der kurz nach der Erstaufführung seines Filmes stirbt. Ein poetischer Film, der allein auf Licht, Klang und Sprache reduziert, die Dunkelheit umreißt.

In ihrer eigenen Arbeit zu diesem Thema zeigt Susanne M. Winterling einen 16 mm Film, in dem aus einem Flakon Parfum zerstäubt wird. Eine präzise künstlerische Geste, welche Möglichkeiten und Grenzen des Films aufscheinen lässt. Das Glitzern des Parfümduftes in der Luft wird ein feinstoffliches Bild für eine Dimension, die der Film zu umkreisen, aber letztlich nicht einzufangen vermag – den Duft. So wie das Blau ein sichtbares Zeichen für die Dunkelheit ist, die auf den Tod, als das Absolute und Unfassbare verweist, so ließe sich der fallende Parfumnebel als Inbegriff des Vergänglichen verstehen, das auf dem Filmstreifen eine Lichtspur als Abglanz hinterlässt.

Diese poetische, oder sollte man vielleicht sagen religiöse Dimension, teilt auch Andrea Büttner in ihrem großformatigen schlichten Holzschnitt mit dem Satz „Yes, I believe every word you say“ neben einem gepressten Blumenstrauß in einem Klemmrahmen. Hinter dieser Rhetorik des Bekenntnisses wähnt man eine Frauenstimme – irrational – zerbrechlich – hysterisch vielleicht?

Die Hysterie galt lange als ein „weibliches“ Krankheitsbild zu dem der Schwindel als Symptom gehört – Vertigo. Unter Vertigo im medizinischen Sinne versteht man das subjektive Empfinden eines Drehgefühls oder Schwankens, sowie das Gefühl drohender Bewusstlosigkeit. Um das Schwindelgefühl optisch umzusetzen, setzte Hitchcock in seinem gleichnamigen Film erstmals den sogenannten Vertigo-Effekt ein. Hierbei fährt die Kamera auf das Objekt zu, während gleichzeitig rückwärts bis hin zu einer Weitwinkel-Einstellung gezoomt wird, ohne dass der Bildausschnitt geändert wird. Infolgedessen scheint sich die Bildmitte vom Zuschauer wegzubewegen, während der Randbereich des Bildes der gleiche bleibt, wodurch die optische Illusion des Schwindels erzeugt wird.

Beide Ausstellungen, AYE dunkelblau und Vertigo, spielen also gleichermaßen mit der technischen Simulation des Verschwindens der Sinne, des Körpers oder des Bewusstseins.

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Susanne Winterling
Vertigo - Soloausstellung

&

AYE dunkelblau - Gruppenausstellung
Künstler: Andrea Büttner, Sara Christensen & True Solvang Vevatne , Jörg Hiller, Fox Hysen, Ole Martin, Lund Bo , Michaela Melian, Dag Norderbrenden, Jonas Lipps, Solveig Lonseth, Paul P., Declan Rooney, Michael E. Smith, Megan Sullivan / Philip Wiegard.
Eingeladen von Susanne Winterling