press release only in german

Die Klangarbeiten der in Berlin lebenden schottischen Künstlerin Susan Philipsz entstehen oft für einen bestimmten Ort, auf dessen Geschichte und Räumlichkeit sie sich bezieht. Für die Historische Halle des Hamburger Bahnhofs hat sie eine Sound Installation entworfen, die Bezug nimmt zum einen auf die ehemalige Funktion des Gebäudes als Bahnhof und zum anderen auf die architektonische Struktur der Halle mit ihren 24 Stahlstützen. Als Ort von Abfahrt und Ankunft, von Trennung und Wiederkehr bringt die Künstlerin den ehemaligen Bahnhof in Verbindung mit dem bewegten Leben des in den 1920er und 1950er Jahren in Berlin beheimateten Komponisten Hanns Eisler (1898–1962). Eisler, der wie sein Lehrer Arnold Schönberg in den 1930er Jahren nach Amerika emigrierte und der 1948 die USA aufgrund seiner prokommunistischen politischen Überzeugungen wieder verlassen musste, setzte sich zwar mit der Zwölftontechnik seines Lehrers auseinander, wandte sich aber infolge seiner sozial engagierten Kunstauffassung auch ‚populären’ Genres wie der Bühnen- und Filmmusik zu. Er komponierte zahlreiche Lieder, darunter immer wieder Lieder für Arbeiterchöre und für Kundgebungen der internationalen Arbeiterbewegung. 1949 komponierte der im Ostteil Berlins lebende Eisler die Nationalhymne der DDR.

Einem künstlerischen Prinzip folgend, das Susan Philipsz bereits für ihre 2012 auf der dOCUMENTA (13) in Kassel präsentierte Arbeit Study for Strings anwandte, hat die Künstlerin drei im Loop gespielte Stücke entwickelt, die jeweils auf einer filmmusikalischen Komposition von Eisler basieren. Die im Studio einzeln aufgenommenen, von Musikern live gespielten Noten werden wiederum separiert über 24 entlang der Historischen Halle installierte Lautsprecher wiedergegeben. Mit dieser akustischen Arbeit und den 12 Grafiken, in denen Partiturseiten Eislers mit Seiten aus den ihn betreffenden Akten des FBI überlagert werden, sucht Philipsz eine Annäherung an Eislers Ästhetik der displaced form, um Themen wie die der Lebensreise und der Erfahrung von Trennung und ‚displacement’ aufzurufen.

Susan Philipsz (*1965 in Glasgow), die 2010 den renommierten Turner Prize gewann, arbeitet in ihrer Auseinandersetzung mit musikalischen und literarischen Vorlagen sowie mit spezifischen historischen Konstellationen überwiegend mit dem Medium Klang. Sie greift häufig bekannte Lieder und Popsongs auf, die sie mit ihrer eigenen Stimme vorträgt und aufnimmt, um damit im Ausstellungsraum oder im städtischen Raum ein auf den jeweiligen Ort bezogenes akustisches Environment zu schaffen. In jüngerer Zeit wählt sie verstärkt instrumentale Kompositionen und akustisches Material wie Field Recordings oder Radiosignale, um dieses Material zu bearbeiten und räumlich zu inszenieren.

Die Ausstellung von Susan Philipsz findet statt im Rahmen der Veranstaltungsreihe Musikwerke Bildender Künstler, die seit 1999 von Freunde Guter Musik Berlin in Zusammenarbeit mit der Nationalgalerie und seit 2002 mit dem Festival MaerzMusik der Berliner Festspiele durchgeführt wird. Es ist die erste institutionelle Einzelausstellung der seit 2001 in Berlin lebenden Künstlerin in der Stadt.

Eine Veranstaltung von Freunde Guter Musik Berlin e.V. und Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, in Zusammenarbeit mit Berliner Festspiele / MaerzMusik 2014. Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und die Schering Stiftung.

Kuratorinnen: Ingrid Buschmann / Freunde Guter Musik Berlin e.V. Gabriele Knapstein / Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin

only in german

SUSAN PHILIPSZ
PART FILE SCORE
Zwölf Arten Hanns Eisler zu beschreiben
24-Kanal Sound Installation

künstler:
Susan Philipsz

kuratoren:
Ingrid Buschmann, Gabriele Knapstein