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Mit suckstract eröffnet der Kunstverein Konstanz das Ausstellungsjahr 2016 und fragt, wie gegenwärtig malerische Positionen abstrakter Kunst ausfallen. 10 Künstlerinnen und Künstler, überwiegend Berlin-basiert, zeigen ihre Arbeiten und machen deutlich, wie variantenreich das Label abstrakt malerisch ausgestaltet werden kann.

Dabei reflektieren viele der in jüngster Zeit entstandenen Arbeiten ausdrücklich die kunsthistorische Tradition, den Beginn abstrakter Kunst im frühen 20. Jahrhundert und die Entfaltung so differenter Kunstströmungen wie Kubismus, abstraktem Expressionismus, informel oder Op-art. Arbeiten wie die von Gabriel Vormstein (1974), Julie Oppermann (1982) oder Shila Khatami (*1976) orientieren sich vordergründig an geometrischer Formgebung, aber durchbrechen in der Wahl der Mittel, Karees aus Plastikblumen und Ästen, oder der Ausführung, die Fehler in parallel geführte, schillernde Farbstreifen einbaut oder bewegte Pinselstriche zulässt, die Strenge traditioneller Anlagen.

Formal freier und in ihrem gestischen Ansatz auch emotional-expressiver konzipiert sind Arbeiten von Henry Kleine (1978) oder Max Schulze (1977), die in greller Farbigkeit oder spannungsreicher Bildaufteilung eine Spur zu Ausdrucksformen wie Comic oder Graffiti legen. Das Absehen vom Gegenständlichen, die Konzentration auf Form und Material mündet in das Experimentieren mit Bildträger und Oberflächenstruktur: Dani Jakob (1973) arbeitet mit Salz, Seide und Rupfen. Daniel Lergon (1978) erprobt Eisenstaub auf Kupfer oder Lack auf retroflexiblem Gewebe. Michaela Zimmer (1964) legt Folien auf Leinwand und setzt neben Acrylfarbe auch Lackspray ein. Anja Schwörer (1971) verzichtet auf jeglichen Farbauftrag und bleicht Jeansstoffe. Ralf Dereichs (*1976) Beitrag überschreitet schließlich die Grenzen abstrakt-malerischer Wandarbeit und setzt diese in formal engen Dialog zu skulpturalen Gipsgebilden, gleichfalls ohne Beziehung zu realen Dingwelten. suckstract, ein Kunstwort, das die englische Vokabel für Sog oder Wirbel enthält, weist nicht nur auf die künstlerische Gemeinsamkeit dieser Gruppenausstellung hin, sondern behauptet vor allem die Sogkraft des Abstrakten - auch in der Gegenwartskunst.
Dolores Claros-Salinas, Dezember 2015