press release only in german

Seit 2011 präsentiert die RLB Kunstbrücke einmal jährlich eine themenorientierte Ausstellung. In diesem Zusammenhang widmet sich unsere aktuelle Schau dem Stillleben in der zeitgenössischen Kunst.

Ausgehend von der Malerei des Spätmittelalters, wo Gegenstände als symbolisches Beiwerk dienten, entwickelte sich das Stillleben sehr spät als eigene Bildgattung und erreichte im 17. Jahrhundert einen ersten Höhepunkt.

Die Bilder von sorgfältig arrangierten, prächtigen Blumensträußen und Tischgedecken, exotischen Früchten oder erlegtem Jagdwild zeigten einerseits die Freude an der sinnlichen Welt der Dinge. Andererseits spiegelten sie das Erlösungsbedürfnis und die Vergänglichkeit des irdischen Lebens wider.

Die Beschränkung der Darstellung auf den Gegenstand eröffnete große Freiräume für künstlerische Innovationen. Nicht zuletzt deshalb wurde das Stillleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu entdeckt und spielte in allen Strömungen der klassischen Moderne eine wichtige Rolle. Anhand der Objektwelt wurden kompositorische Möglichkeiten, Untersuchungen zur Form- und Farbdynamik, aber auch symbolische Verrätselungen exerziert. Auch in der zeitgenössischen Kunst ist die Inszenierung der Dinge nach wie vor präsent und wird neu interpretiert.

Die Präsentation der RLB Kunstbrücke kann freilich nur streiflichtartig auf das umfassende Thema eingehen. Gezeigt werden aktuelle Positionen, die sich dieser Bildgattung auf verschiedene Weise nähern und dabei auch unterschiedliche Materialien und Medien verwenden.

So verwelkt im Video "Vivace II" (2006) von Pia Maria Martin ein Blumenstrauß, während Michael Wesely in seinen fotografischen Langzeitbelichtungen das Aufblühen und Verwelken von Pfingstrosen als einen in sich geschlossenen Prozess in einem Bild festhält. Die gebürtige Innsbruckerin Christiane Spatt hingegen lässt in ihrer Fotoserie "Schöner Schein" (2012) Plastikblumen in Flammen aufgehen, um darauf aufmerksam zu machen, dass der Versuch, Natur in einen künstlichen und somit dauerhaften Zustand zu transferieren, letztlich nichts anderes ist als ein schöner Schein.

Claudio Parmiggiani inszeniert in seinen Rauchbildern eindrucksvoll die Abwesenheit von Dingen, ihre Spuren, die die Zeit verursacht und das Feuer einbrannte. Leere Regale zeigt Thomas Demand in seiner Fotoarbeit "Filiale" (2012), mit der er die Insolvenz der Drogeriehandelskette Schlecker im letzten Jahr aufgreift. Die stillen Welten der grauen Gipsskulpturen des Belgiers Hans Op de Beeck indes reflektieren Fragestellungen über Dinge und ihre Bedeutung, wie sie René Magritte in die Kunstdiskussion eingebracht hat.

Der junge Künstler Benjamin Eichhorn präsentiert überdimensionale Fotografien von gebrauchten Werkzeugen und Alltagsgegenständen. Indem er diese zuvor in liebliche Blümchenstoffe einnäht, entreißt er sie ihrem gewohnten Gebrauchszusammenhang und verleiht ihnen, gleich einem Fetisch, neue Bedeutungsebenen. Einen ironischen Zugang verfolgt der französische Künstler Fabrice Langlade mit dem Wandobjekt "Helicoptères" (2007/2008). Aus 24 kleinen Kampfhubschraubern aus Kunstharz entsteht eine Wandinstallation, die scheinbar die Ästhetisierung von Gewalt und Krieg als mediale Konsumware hinterfragt.

Zwei Positionen in der Ausstellung stellen einen direkten Bezug zur niederländischen Stilllebenmalerei her. Die Fotoarbeit "natura morta" (2006)von Brigitte Niedermair ist auf den ersten Blick vom Bildaufbau und der Farbregie her klassisch komponiert. Doch der Bruch mit den historischen Vorbildern zeigt sich sehr schnell durch die Inszenierung des Zerfalls in Form von aufgeschlagenen Eiern und zermalmten und zerquetschten Früchten. Nicola Samorì bezieht sich sehr klar auf ein holländisches Stillleben von Otto Marseus van Schrieck (1660). Der junge oberitalienische Maler schabt die prachtvolle Blüten zeigende Malschicht des Originals gleich einer abgestorbenen Haut von der Kupferplatte, die als Bildträger dient. Sind es normalerweise die Blumen im Bild, die welken, so scheint hier das Bild selbst in einen Verwesungsprozess eingetreten zu sein.

Dies sind nur einige Beispiele der präsentierten Arbeiten. Anhand von 19 Positionen aus dem aktuellen Kunstgeschehen nähert sich die Ausstellung in der RLB Kunstbrücke der "Magie der Dinge" in der Gegenwartskunst. Die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Bild und Wirklichkeit, die letztlich in jedem Stillleben verankert ist, spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einen Textbeitrag von Lukas Madersbacher und Kurztexten von Silvia Höller und Peter Weiermair.

only in german

STILL

Künstler:
Maria Brunner, Clegg & Guttmann, Thomas Demand, Benjamin Eichhorn, Gudrun Kampl, Fabrice Langlade, Laura Letinsky, Pia Maria Martin, Christopher Muller, Brigitte Niedermair, Hans Op de Beeck, Claudio Parmiggiani, Drago Persic, Antonio Riello, Nicola Samori, Christiane Spatt, Fabio Torre, Michael Wesely, Erwin Wurm

Kuratoren:
Silvia Höller