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Eröffnung: Freitag, dem 19. Mai 2017, um 19.30 Uhr
Begrüßung: Gertrude Wagenfeld-Pleister, Vorsitzende des Kunstvereins
Einführung: Dr. Marcus Andrew Hurttig, Kurator Graphische Sammlung, Museum der bildenden Künste Leipzig

Stefan Pfeiffer
Nervous Gender

Als Instrument der Rhetorik und kritischen Reflexion beschreibt Dialektik eine Argumentationsmethode aus These, Antithese und Synthese, die seit der Antike insbesondere innerhalb der Philosophie Anwendung gefunden hat. Eine dialektische Rede dient etwa im sokratischen Sinne der Aufdeckung von Widersprüchen und der Manifestation von spezifischen Wahrheiten. Im Kontext von Malerei und Bildhauerei bedienen sich die Arbeiten des 1981 geborenen und in Berlin lebenden Künstlers Stefan Pfeiffer verwandten Denkstrukturen und paraphrasieren klassische Kategorien der Kunstbetrachtung und –Produktion.

Eine zentrale Werkgruppe innerhalb der Ausstellung Nervous Gender im Oldenburger Kunstverein bildet eine Serie von Gemälden mit dem Titel No added sugars. Im teils übermenschlichen Format, zeigen die Arbeiten hautfarbene Flächen, die durch dunkle violette Flecken, Schlieren oder gespachtelte Unebenheiten der Oberfläche gestört werden und auf einer formalen Ebene eine Nähe zur monochromen Malerei fingieren. Der von Pfeiffer vorwiegend unvermischt verwendete, industriell gefertigte Farbton »Hautfarbe« stellt in seiner reinen Materialität »Haut« als vorgefertigte Behauptung dar ohne dass sich diese in malerischen Bemühungen und der Nachahmung wahrhaftiger Lebendigkeit ausdrückt. Als Negation malerischer Bemühungen und Antithese klassischer Inkarnat-Malerei wird der Bildinhalt lediglich durch die Farbgebung kategorisiert und wiedererkennbar. Gefühlsbetonende Titel wie dear skin (2015) oder romantic dreaming (2015) suggerieren eine narrative personalisierte Ebene, während zumeist neonfarbene Rahmen einen ästhetischen Abschluss und farblichen Kontrast um die Malereien bilden. Ihre provisorische und selbstgebastelte Form wiedersetzt sich dabei jedoch einer dekorativen und erhöhenden Praxis, die einer Rahmung gemeinhin innewohnt.

Eine weitere Serie kleinformatiger Gemälde entsteht durch den Einsatz eines Bohrers beim Malen. Die hierdurch entstehenden Spuren erinnern in ihrer Beschaffenheit und formalem Charakter an Schlingen, Gedärm oder Würmer. Auf farbigem Grund in gleichfalls facettenreichen Tönen entstehen in- und übereinander gelegte, teils wolkige Gebilde. Angedeutete Silhouetten scheinen auf Körperhüllen zu verweisen, die den Blick auf das Innenleben freigeben und Assoziationen zu medizinischen Illustrationen wecken. Titel wie floating garden (2017) oder Ms Olympia (2017) lassen das Dargestellte als eine Art innere Flora erscheinen und können in ihrem Bildaufbau als Persiflage klassischer Malereisujets wie Blumenstilleben oder Porträt gelesen werden.

Eine Reihe von zweckentfremdeten Sitzgelegenheiten aus Beton, Stuhlfragmenten und Abfall verknüpfen kulturelle wie kunstgeschichtliche Chiffren und werden zu Mittlern zwischen Bild und Betrachter. Codierte Elemente, wie beispielsweise die Sitzfläche eines Stuhls, werden ausgetauscht und in einen neuen Kontext gesetzt. Die Gegenstände sind ihrer herkömmlichen und mit individuellen Projektionen verbunden Funktion enthoben und negieren diese. Auch in diesem Fall können Pfeiffers Arbeiten zusammenfassend als ironischer Kommentar an ihren eigenen Gegenstand verstanden werden, die sich zwar nicht als unmittelbare Synthese verstehen, sich in dialektischer Tradition aber als These und Antithese präsentieren.

Rosa Windt

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Gefördert durch: Bremer Landesbank, Ernst Schnetkamp GmbH, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Stadt Oldenburg

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INTERNATIONALER MUSEUMSTAG 2017

Gerne möchten wir Sie auf den INTERNATIONALEN MUSEUMSTAG 2017 am Sonntag, dem 21. Mai 2017, hinweisen.

Unser Vermittlungsprogramm greift das diesjährige Motto SPURENSUCHE. MUT ZUR VERATWORTUNG! auf unterschiedliche Art und Weise auf.
Zum einen bekommen die Besucherinnen und Besucher bei einer Mitmach-Aktion die Möglichkeit, sich fotografisch auf die Suche zu sich selbst zu begeben. Sie können mit verschiedenen Rahmen experimentieren und dabei den für sich passenden für ein Fotoporträt auswählen. Zum anderen begibt sich auch der Kunstverein auf Spurensuche. Die Besucherinnen und Besucher haben bei drei Führungen durch die Ausstellung Nervous Gender von Stefan Pfeiffer zum Motto des Tages um 12:00, 14:00 und 16:00 Uhr die Möglichkeit mehr über die Geschichte eines der des ältesten Vereine Deutschlands zu erfahren. Ferner stehen neu konzipierte Vermittlungsmaterialien zur Verfügung, die das Publikum anregen, sich auf eigenständige Spurensuche durch den Kunstverein zu begeben.

Der Eintritt ist frei.