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1. Kapitel: 29. Oktober – 19. Dezember 2004 Orte des Karnevalesken und Bühnen des Spektakels: medial-räumliche Relationen Foucault sagt in Andere Orte: "Es gibt, (...) und das wohl in jeder Kultur, in jeder Zivilisation – wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tagtäglich geortet werden können."(1) Diese Gegenplatzierungen könnte man mit Bachtin, so schlagen es Matthias Rothe und Hartmut Schröder vor, auch als karnevaleske Räume lesen. Wo findet sich das widerständige Potential des karnevaleseken Raumes heute? Temporäre Tabuaufhebungen finden sich in vielen Kontexten: Wissenschaftsdiskursen, Umbruchssituationen, Religionen, Medienstrategien etc.

Guy Debord spricht in Die Gesellschaft des Spektakels (Hamburg 1978) von dem Spektakel, welches das Spektakel selbst zum höchsten Ziel hat und auf eine Welt des Schauens hin produziert und gedacht ist. Nach Debord sind es die Ökonomien der Macht, die das Spektakel produzieren, zielgerecht institutionalisieren und ritualisieren und aus Gründen der Erreichbarkeit (Manipulierbarkeit) medialisieren. Sind es die Medien, die das kollektive Spektakel und Karnevaleske inszenieren?

Die Dominanz des Medialen im Blick auf das Karnevaleske führt weiter zur Frage nach dem öffentlichen Raum, der sich mehr und mehr ins Mediale verschiebt. Es scheint, als ob wir permanent vom Öffentlichen verfolgt werden, allerdings ohne im öffentlichen Raum zu sein. Privat vor dem Fernseher, im Internet oder auf der Alltagsbühne können wir an den großen Spektakeln der Spaßkultur teilnehmen, ohne dabei zu sein. Andersherum kann das nicht-öffentlich Karnevaleske durch die Medialisierung eine kollektive Partizipation erst ermöglichen; hierfür haben die Medien Formate wie "Big Brother" erfunden. Massenmedien werden zu Bühnen. Es geht darüber hinaus um die Frage, inwieweit die politischen Bühnen, die in erster Linie mediale sind, ebenfalls karnevalisiert und spektakulisiert werden: Politik als Unterhaltung oder Politik im Talkshow-Format – durch Personalisierung, Entertainisierung, Fiktionalisierung und Emotionalisierung. In einem ersten Kapitel dieses Ausstellungsprojektes soll es um die Architektur, den Raum und die Medialität des Spektakels gehen.

Ein Symposium mit anschließender Diskussion zur Frage nach karnevalesken Strategien in den Medien und als Form widerständiger Praxis findet am Samstag, dem 11. Dezember von 15.00-19.00 Uhr in der Shedhalle statt.

Pressetext

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Spektakel, Lustprinzip oder das Karnevaleske 1:
Kuratorin: Katharina Schlieben

mit Songül Boyraz, Gardar Eide Einarsson, Marcelo Exposito, Interpixel , Thierry Geoffroy / Colonel, Christian Jankowski, Rudi Maier, RELAX