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Galerie Max Hetzler präsentiert mit „Chinatowns“ Arbeiten von Sarah Morris, die Teil ihres aktuellen Projekts „Beijing“ sind, sowie ihren neuen Film „Robert Towne“, der in einem separaten Raum im Hof der Galerie gezeigt wird.

Sarah Morris´ geometrische Malereien architektonischer Details von Metropolen übersetzen urbane dreidimensionale Strukturen in die Fläche. Ihre neuen Arbeiten beschäftigen sich mit der Stadt Peking, dem Austragungsort der Olympischen Spiele 2008. Ein Film wird dokumentieren, welche dynamischen Veränderungen die Stadt durch das Sportereignis erfahren wird. Im Zentrum des neuen Projektes stehen die Stadtarchitektur und die Rolle des Staates - die ästhetische Spannung zwischen Kommerz und Politik. In zwei Bildserien zeigt die Künstlerin Malereien, die parallel zu einander entwickelt worden sind und sich jeweils auf Peking beziehen: „Rings“ und „Origami“. Mit ihrem neuesten Film „Robert Towne“ (2006) demonstriert Sarah Morris, dass ihr Interesse über die äußere Erscheinung von Dingen hinaus geht, indem sie die inneren Strukturen und Psychologien urbaner System in ihrer Beziehung zu Macht offen legt.

In der Serie „Rings“ wird Pekings modernes Hauptverkehrssystem, die so genannten „Ring Roads“, die die alten Verkehrsadern der Stadt verdrängen, reflektiert. Die „1st Ring Road“ erhielt ihren Namen am Ende der Kulturrevolution. Die ursprünglichen Straßennamen wurden nach und nach aufgegeben und entsprechend der politischen Propaganda umbenannt. Als die politischen Unruhen endeten, mussten die Straßennamen erneut geändert werden. Die „Ring Roads“ können in Analogie zu dem Symbol der Olympischen Spiele, den verschlungenen Ringen, gesehen werden und als solche auch zu den Spielen selbst, die das Gesicht der Stadt wesentlich verändern. Die Titel 1948 (Rings), 1964 (Rings) und 2002 (Rings) beziehen sich auf Jahre Olympischer Spiele, deren Austragungsorte und das Prinzip der Wiederholung.

Die Serie „Origami“ basiert auf Origami-Diagrammen, den Faltanleitungen für die bekannten Papierobjekte gleichen Namens. Inzwischen ist allgemein akzeptiert, dass Origami seinen Ursprung in China hat, wo es sich kurz nach Erfindung der Papierherstellung im 1. Jahrhundert n. Chr. entwickelte und erst im 6. Jahrhundert n. Chr. nach Japan gelangte. Die Einsatzmöglichkeiten von Origami erstrecken sich von der Weiterführung der alten Faltkunst-Tradition bis hin zu eher mathematisch-technischen Lösungsmodellen wie z. B. für Herzklappen – ein überschaubarer Prozess wird zur Grundlage hochkomplexer Formen und Strukturen. Sarah Morris´ Malereien sind auf traditionelle Diagramme mit ihrem Gespinst aus Faltungen rückführbar. Als Resultat mathematischer Berechnungen und geometrischer Operationen verwandelt sich die Leinwand in eine hoch komplexe räumliche Skulptur und zurück in ein flächiges Diagramm. Die Künstlerin ist insbesondere daran interessiert, wie Origami in der Populärkultur, vor allem im Film, eingesetzt wird, wo es als Vorbote bevorstehenden Unheils erscheint.

Sarah Morris´ 6. Film „Robert Towne“ (2006) zeigt ein Interview mit dem legendären Drehbuchautor und Regisseur Robert Towne, der für „Chinatown“ (1974) einen Oscar erhielt. Der Film wandelt sich von einer panoramatischen Stadtansicht in ein intimes Portrait. Im Interview werden die Themen Psychiatrie, der Film „Chinatown“, die Rolle des Autors, die Entwicklung von Los Angeles und das Geschäftemachen behandelt sowie die Beziehungen zu Kollegen wie Robert Evans, Warren Beatty und Pauline Keal beleuchtet. Immer wieder erscheinen Details aus der Arbeitsumgebung von Robert Towne, untermalt von Liam Gillick´s Musik. Robert Towne ist bekannt geworden durch seine Drehbücher für „Chinatown“ (1974), „Shampoo“ (1975) and „Personal Best“ (1982) und als „script doctor“ für das Überarbeiten der Filme „Bonnie und Clyde“ (1967), „Der Pate“ (1972) und „Zeuge einer Verschwörung“ (1974). Moralische Ambivalenz kennzeichnet seine Arbeiten ebenso wie realistische Dialoge und das unbarmherzige Sezieren korrupter sozialer Systeme. Die Künstlerin beschreibt Towne als eine „elliptische Figur“ deren Karriere beispielhaft ist für eine bestimmte Arbeitsweise die sich in Kollaborationen, Einflussnahmen und wechselnden Rollen zeigt. Mit diesem Film dokumentiert Sarah Morris eine neue Arbeitsweise in der sie die urbanen Strukturen von innen her untersucht – durch die Worte Townes, der selbst agierender Teil des Systems ist. Dies ist der erste Film einer geplanten Portraitserie. Ein zweiter wird im April 2008 im Lenbachhaus in München präsentiert.

Dies ist die vierte Einzelausstellung von Sarah Morris in der Galerie Max Hetzler. Die 1967 in Großbritannien geborene Künstlerin lebt in New York und London. Ihre Arbeiten sind bekannt durch Ausstellungen in namhaften Institutionen: Whitechapel Gallery, London (2007); What is Painting, Museum of Modern Art, New York (2007); The Shapes of Space, Solomon R. Guggenheim Museum, New York (2007); Museum Boijmans van Beuningen (2006); Big Bang, Centre Pompidou, Paris (2005); Palais de Tokyo, Paris (2005); Kestner-gesellschaft, Hannover (2005); Museum of Contemporary Art, Miami (2002); Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin (2001); Kunsthalle Zürich, Zürich (2000); Museum of Modern Art, Oxford (1999); Le Consortium, Dijon (1998).