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Ryan Gander (geb. 1976 ), international vielversprechender Vertreter der jungen britischen Kunstszene, stellt Prozesse der Bedeutungssuche und –findung ins Zentrum seiner Arbeiten. Gegen vorschnelle Gewissheiten setzt der Künstler auf die Verknüpfung unterschiedlicher Kunstgattungen und Medien sowie auf die Erzählung geheimnisvoller Geschichten und die Darstellung rätselhafter Situationen. Die Ausstellung ermöglicht anhand von 10 Arbeiten aus den letzten Jahren erstmals in Österreich einen repräsentativen Einblick in das Werk Ganders. In den gezeigten Rauminstallationen, Videos, Foto- und Textarbeiten wird Reales und Fiktives vermischt, um die Doppelbödigkeit und Abgründigkeit gesellschaftlicher Realität auszuloten.

Der Ausstellungstitel „Short cut through the trees“ verweist im übertragenen Sinn auf das von Gander eingeforderte und provozierte Wagnis, sich auf das Unbekannte und Verborgene einzulassen, gleich einem beherzten Schnitt ins Dickicht des Sichtbaren, um unter dessen Oberfläche zu dringen.

Gerade in der Verweigerung schlüssiger Botschaften verstehen sich Ganders Arbeiten als Offerte und Fragestellungen an die Betrachter selbst assoziativ zu arbeiten. Die in der Ausstellung gezeigten „Association Photographs“, die anlässlich der Verleihung des Bâloise Preises auf der Basler Messe 2004 als Geschenk der Bâloise in die Sammlung des MUMOK gelangten, vermitteln diese Rolle des Betrachters auch in ihrem Titel. Für die Serie verwendete Gander unterschiedlichste Bild- und Textmaterialien, die er über einen Zeitraum von zwei Jahren als Arbeitsgrundlagen für andere Projekte gesammelt hat. Er beschreibt die Arbeit selbst als “a collection of possible starting points for new work“ und meint damit sowohl die ursprüngliche Funktion der Bilder und Texte als Vorstufen für eigene Arbeiten, wie auch ihre Rolle als Ausgangspunkte für immer neue Interpretationen und gedankliche Verknüpfungen durch die Betrachter. Unbetretbare Räume und ungreifbare Charaktere, von denen allerdings anspielungsreiche Spuren sichtbar werden, sind immer wiederkehrende Motive, die irritieren und zugleich zu Erklärungsversuchen motivieren. So befindet man sich in „Nathaniel Knows“ in einem verdunkelten Raum, in den an zwei Stellen das Licht der Außenwelt zu dringen scheint: einmal durch eine brachial in die Wand geschlagene Öffnung und dann durch die Lüftungsschlitze eines Ventilators. Der Künstler legt bewusst Spuren aus, um den Betrachter in die Lage zu versetzen, eigene Geschichten und Mutmaßungen anhand des Vorfindbaren zu imaginieren. „Nathaniel Knows“ kann auch als Variation eines einzigen, niemals erschöpfend darstellbaren Raumes bzw. Beziehungsgeflechtes von Innen- und Außenwelt, von Wissen und Ahnen verstanden werden, dessen Schnittstelle der Betrachter bleibt.

Auch in „Happenstance“ gibt Gander Fragmente einer Geschichte vor, deren genauere Erschließung der Phantasie des Betrachters überlassen bleibt. Nur auf ganz wenigen der insgesamt 168 Seiten, die aus einem Buch herausgerissen und hinter Glas gerahmt an die Wand gehängt wurden, finden sich Text- und Bildpassagen. Liest man die spärlichen und fragmentarischen Informationen, so werden die vielen leeren Seiten dazwischen zu Projektionsflächen eigener Einschreibungen und Vorstellungen über das Gelesene bzw. das möglicherweise Dazwischen- liegende.

Die Existenz von Parallelwelten, wie man sie beispielsweise aus Romanen und Filmen kennt, in denen ein und dieselbe Person zugleich verschiedene Rollen spielen, oder die Linearität der Zeit aufgehoben und reversibel erscheint, bilden alternative und anomale Identitäts- und Realitätsentwürfe, die auch Ganders Ansatz bestimmen. So hat er gemeinsam mit Künstlerkollegen speziell für die Ausstellung ein Set von Spielkarten entworfen, die auf beiden Seiten mit Spielsymbolen bedruckt sind. Damit wird die Unterscheidung zwischen Vorder- und Rückseite in Frage gestellt und die bestehenden Spielregeln werden durch neu hinzukommende zugleich relativiert und erweitert.