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Das alte Europa, welches von sich selbst immer noch ein Bild der Sesshaftigkeit und Tradition entwirft, bewegt sich: In europäischen Städten sieht man Gesichter aus der ganzen Welt. Viele dieser „Fremden“ sind StaatsbürgerInnen der jeweiligen Länder: manche flüchteten nach Europa, manche wurden bereits hier geboren. Von solchen Gesichtern und Geschichten, Lebenswegen und Erinnerungen handelt das Projekt europamemoria – gefilmt von Ruth Beckermann, präsentiert auf 25 Bildschirmen in 25 Kabinen.

Die Dynamik der Migrationsbewegungen verändert nicht nur lokale Besonderheiten, sondern auch das kollektive Gedächtnis. Hinter jedem Gesicht, das man betrachtet, verbergen sich persönliche Erinnerungen, die ganz unterschiedliche Lichter auf die konfliktreiche europäische Geschichte werfen. Manchmal ruht der Blick länger als üblich auf einem Gesicht, zoomt näher - hinein in die Zone der Erinnerungen: Die Filmemacherin Ruth Beckermann versammelte für das Projekt europamemoria 25 Gesichter und Geschichten, die auf 25 Bildschirmen in 25 begehbaren Kabinen gezeigt werden. Joop z. B., der in Indonesien geboren wurde, als Kind in einem japanischen Konzentrationslager war, heute in Den Haag lebt, doch die Landschaft seiner Kindheit im Herzen trägt, ohne der Kolonialzeit nachzutrauern. René, Französischlehrer in Nizza, ein Prinz aus der Familie des letzten Kaisers von Vietnam, der als Achtjähriger vor Ho Chi Min flüchten musste. Wojteck, der als Medizinstudent von Krakau nach Wien kam und sich erst hier, am Krankenbett einer Jüdin, zu fragen begann, was sich zwischen nichtjüdischen und jüdischen Polen zugetragen hatte.

„Das Verbindende aber ist, dass es da immer diese Ambivalenz gibt, diesen Schmerz und Verlust, bei jedem und jeder. Meist hat das mit Landschaft zu tun, mit Licht und Sonne, mit Kindheit, mit allem, was dort fehlt, wo man gerade ist. Aber dann öffnen sich neue Räume, spiritual territories.“ (Ruth Beckermann)

Die Gespräche wurden in extremen Close Ups gedreht. Die Aufmerksamkeit wird dadurch gänzlich auf die Landschaft eines Gesichts, den Laut einer Stimme gelenkt. Die so erzählten Geschichten haben eine Länge von zwei bis acht Minuten. Die BesucherInnen können sich ihre eigene Route durch die Ausstellung zusammenstellen und so jenes vielschichtige Europa nachvollziehen, das ein Produkt der Migrationsbewegungen des vergangenen Jahrhunderts ist. Sie begeben sich dabei auf Wege, die durch die persönlichen Erinnerungen vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus, Kommunismus oder Kolonialismus einen anderen Blick auf die offizielle Historie eröffnen.

Pressetext

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Ruth Beckermann - europamemoria