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Eröffnung: 22.11.2007, 19.00

Prozesshaft und beiläufig erscheinen die Arbeiten des jungen slowakischen Bildhauers Roman Ondak (*1966). Seine Themen findet der Künstler in den sozialen Ritualen des Alltags, der Erziehung, Arbeit und Freizeit. Die erste deutsche Museumsausstellung gibt Einblick in sein bisheriges Schaffen.

Ihren poetischen Titel verdankt die Ausstellung der Skulptur »Infinity (My Summer Shoes Rest in Winter)« (2007). Die Schnürsenkel von den Sommerschuhen des Künstlers hängen aneinander geknotet von der Saaldecke herab und bilden eine zarte Vertikallinie im Raum. Mit einfachsten Mitteln verweist die Arbeit auf den Zyklus des menschlichen Lebens, das sich aus permanent wiederholenden Körperbewegungen zusammensetzt. Zeit wird als eine Abfolge endloser Repetitionen bewusst, die wir Fortschritt nennen und unabänderlichen Gesetzen zu folgen scheint.

Bei der performativen Arbeit »Measuring the Universe« (2007) sind die Ausstellungsbesucher gefragt. Deren Bereitschaft vorausgesetzt, halten die Museumsaufsichten die Körpergröße der Besucher (versehen mit den Vornamen und dem jeweiligen Datum der Messung) auf den Wänden fest. Im Lauf der Ausstellung nimmt die Anzahl der Markierungen zu, und es entsteht eine Zeichnung, in der Präsenz und Vergänglichkeit des Physischen erfahrbar werden – auf minimale Weise und jenseits des Materiellen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Installation »Passage« (2004) – ein großer Tisch, auf dem Hunderte von Miniaturskulpturen aus Aluminiumfolie angeordnet sind. Bei diesen Mini-Figuren handelt es sich um das Ergebnis einer genauen Handlungsanweisung Ondaks. In einem japanischen Stahlwerk hatte der Künstler Schokoladenriegel an die Arbeiter verteilen lassen und sie darum gebeten, nach dem Verzehr der Schokolade aus dem silbernen Einwickelpapier eine Skulptur zu formen. Eine alltägliche Handlung – das gedankenverlorene Zerknüllen der Alufolie – rückt plötzlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit und verwandelt sich in eine kollektive Aktion. Sie belegt die individuelle Begabung des einzelnen Menschen und definiert den Künstler als Kommunikator und Katalysator schöpferischen Handelns.

Als ein ästhetisches Bekenntnis zum Verzicht und bewusste Hinwendung zum Unspektakulären legen Roman Ondaks Arbeiten unbeirrt Zeugnis ab von einer Kunst ethischen und zugleich geistvollen Handelns.

Kurator: Bernhart Schwenk

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Roman Ondák
My Summer Shoes Rest in Winter
Kurator: Bernhart Schwenk