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“Die Zeiten sind dunkel. Die Botschaft der Niederlage wird in einen Raum jubelnder Menschen gerufen. Ich wusste nie, dass ich mich zu einem so grässlichen Mann entwickeln würde. Warum verlieren die Menschen das gewisse Etwas, den Funken, die Unschuld? Meine Mutter besitzt es noch. Sie ist zwar nicht mehr ohne Schuld, aber sie hat Gott!“

Ab dem 7. Juli 2006 präsentiert die Galerie Adler Videos und Zeichnungen des jungen isländischen Künstlers Ragnar Kjartansson (*1976 Reykjavik), in seiner ersten Einzelausstellung in einer Galerie. Höhepunkt der Ausstellung wird seine neueste Performance "Raging Pornographic Sea" sein, die am Vernissageabend am 7. Juli ab 19 Uhr beginnen und bis Mitternacht am 9. Juli laufen wird.

Die Schau ist um ein Video herum gebaut, in dem ein Sänger mit seiner Band zu sehen ist, die “die traurigste Musik spielt, die die Menschheit je gehört hat” (Ragnar Kjartansson, Davíð Þór Jónsson). Der Künstler geht bis an die Grenzen der physischen Möglichkeiten. Dabei benutzt er ein Element, das sowohl in der Welt des Films als auch der Welt der Musik gebräuchlich ist:, den Loop. Für die Show in der Galerie Adler hat Ragnar die Musik eigens geschrieben "Sorrow conquers happiness" besteht darüber hinaus aus einer Installation mit Zeichnungen, Gemälden und Skulpturen, an denen der Künstler in Island und Russland gearbeitet hat. Die Galerie wird voll sein mit Ragnar Kjartansson’s Welt der Niederlage und der Schönheit.

Für seine Abschlussausstellung an der Universität der Künste in Reykjavík 2001 verwandelte Ragnar Kjartansson (*1976) einen kleinen Raum in ein Rokoko-Theater. Die für Besucher unerwartete Begegnung mit diesem Illusionsraum war allerdings nur der unmittelbarste Aspekt, der die Arbeit Ragnar Kjartanssons ausmachte. „The Opera“ bestand hauptsächlich aus einer Performance, die der Künstler vier Stunden jeden Tag, über zehn Tage hinweg zeigte: singend, schauspielernd, Kunststücke vollführend - die Oper wurde zu einem Durchhaltemarathon und einer erstaunlichen physischen Herausforderung.

In Kjartanssons Arbeiten trifft das illusionistische Moment auf die harte, physische Realität. Es gibt keinen Zweifel: der Künstler liebt es, in verschiedene Rollen zu schlüpfen, seine unterschiedlichen Identitäten auszuspielen, sei es als Sänger der Band „Trabant“ - einer der bekanntesten Popgruppen Islands -, sei es als der reisende Troubadour Rassi Prump oder als noch andere Figuren wie etwa der Sensenmann, dessen Identität er in der Performance „The Death and the Children“ (2002) annimmt.

„The Great Unrest“, die große Unruhe, nannte der Künstler seine Theater-Aufführung im Rahmen des Reykjavík Arts Festival 2005, im alten Dagsbrún-Theater, eingebettet in die majestätische Landschaft Islands. Kjartansson sitzt auf der Bühne, verkleidet als Ritter, inmitten von Requisiten. Der Ritter, romantischer Held alter Sagen, singt oder vielmehr summt und schreit einen wortlosen Blues. Beunruhigend, zu sehen wie ein Held der Geschichte in dieser Theaterruine erscheint, dazu verdammt den Untergang einer großen Ära zu betrauern. Der monotone Blues drückt die Verdrossenheit in einer Welt der Leere aus. Besucher verlassen das Theater mit einem Gefühl der Unsicherheit, lassen den Künstler alleine zurück in dem alten Gemäuer und mit seiner Geschichte.

Ragnar Kjartansson ist Musiker, Schauspieler und Künstler. Zu seiner Motivation sagt er: „Für mich ist Kunst wie ein Blues: Ich benutze sie, um meine Seele zu reinigen. Vielleicht bin ich ein Romantiker auf der unersättlichen Suche nach dem ultimativen Art Kick.“ Das ist es, was ihn außergewöhnlich macht: Jemand, der das Showelement liebt, der ständig in neue Rollen schlüpft, Identitäten und Wahrheiten wechselt, im Grunde jedoch immer authentisch bleibend. Wo auch Ragnar Kjartansson sich befindet, wird seine Bühne stehen.

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