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In den Straßen von Tokio – Anime-Welten im Dortmunder U

HMKV-Ausstellung Proto Anime Cut – Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm

Ob Tarantino, Feuilleton oder MTV: Japanische Animationsfilme haben seit den 1970er Jahren einen festen Platz in der deutschen und europäischen Medienlandschaft. Längst haben Filme wie Akira (1988) oder Ghost in the Shell (1995) internationalen Kultstatus erreicht, und Anime hat sich darüber hinaus als künstlerischer Ausdruck an der Grenze von Film, Bildender Kunst und Popkultur etabliert. Sehgewohnheiten und Vorbehalte gegenüber den Ausdrucksmöglichkeiten von Zeichentrickfilmen haben sich durch ihren Einfluss grundlegend verändert. Die Ausstellung Proto Anime Cut - Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm des Hartware MedienKunstVerein (HMKV) präsentiert ab dem 9. Juli im Dortmunder U Originalzeichnungen der wichtigsten Regisseure und Illustratoren von japanischen Animationsfilmen. Zahlreiche Hintergrundmalereien, Storyboards, Skizzen und Inspirationsquellen geben Einblick in die Arbeitsweise der erfolgreichsten Animationskünstler der letzten zwei Jahrzehnte. Ergänzt werden die Exponate durch die entsprechenden Filmausschnitte. Die ausgestellten Arbeiten sind Zeugnisse einer kritischen und erfindungsreichen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und ästhetischen Themen, die für ein breites Publikum wie auch für eingeschworene Fans faszinierend sind.

Die aktionsgeladenen Heldengeschichten und die visionäre Science-Fiction des japanischen Anime spielen in eindrucksvoll und detailliert konstruierten Welten. Ein Blick auf den Gestaltungsprozess zeigt die Filmemacher als architektonische Träumer, die virtuos an den Grenzen von Glaubwürdigkeit, Fiktion und Utopie operieren. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Entwicklung dieser Handlungsräume und erzählerischen Szenarien. Das Dortmunder U bietet als Zentrum für Kunst und Kreativität einen idealen Kontext für die kreative Beschäftigung mit Technik, Urbanität, Individuum und Gesellschaft. Detaillierte Bleistiftskizzen, fein gezeichnete Aquarelle, bemalte Celluloid-Folien und technisch generierte 3D-Räume zeigen die hochprofessionelle und arbeitsteilige Fertigung von Massenunterhaltung in einem Kunstkontext und lassen einen neuen Blickwinkel auf das Selbstbild von Kreativen zwischen Kunst und Unterhaltungsindustrie entstehen. Die Ausstellung würdigt zum ersten Mal die Schöpfer von Anime-Filmen als KünstlerpersoÅNnlichkeiten, die einen maßgeblichen Einfluss auf unsere Vorstellungskraft und die Populärkultur haben. Die vorgestellten Künstler sind Schlüsselfiguren in der Entwicklung der Anime-Kultur. Durch ihre enge Zusammenarbeit in verschiedenen Produktionsstudios in Tokio haben sie einer Vielzahl von Filmen ihre persönliche Handschrift verliehen und den für Anime prototypischen Stil entwickelt.

Proto Anime Cut – Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm zeigt Arbeiten von Hideaki Anno (Regisseur, Neon Genesis Evangelion), Haruhiko Higami (Fotograf), Koji Morimoto (Regisseur, Dimension Bomb), Hiromasa Ogura (Art- Direktor), Mamoru Oshii (Regisseur, Patlabor – The Movie, Ghost in the Shell) und Takashi Watabe (Layout).

Mamoru Oshii ist einer der einflussreichsten Regisseure Japans (u.a. Patlabor – The Movie, Ghost in the Shell). Mit seinen detailliert ausgearbeiteten Storyboards liefert er genaue Angaben für das kreative Filmteam. Dazu gehört u.a. Haruhiko Higami, der mit seinen Konzeptfotografien zur Gestaltung des Szenenbilds in Oshiis Filmen beiträgt. Hiromasa Ogura setzt diese fotografischen Ansichten teilweise direkt in ein farbiges Hintergrundbild um. Seine Aquarelle faszinieren durch ihren malerischen und zugleich realistischen Stil sowie das subtile Spiel mit Licht und Schatten. Hideaki Anno beeindruckt mit seinen architektonischen Entwürfen für das Stadtszenario in den Neon Genesis Evangelion-Filmen. Seine Inspiration für das Konstruieren von Gebäuden und städtischer Infrastruktur bezieht Anno dabei aus seinem Hobby: Er fotografiert leidenschaftlich gerne Strommasten, Kabel und Baustellen. Koji Morimoto entwickelt und transformiert seine spezifischen Figuren, Bewegungen und Landschaften stetig weiter und als Animator versteht er sich wie kaum ein anderer auf die Darstellung von schwebenden und fliegenden Objekten. Sein Videoclip zu Ken Ishiis Technostück EXTRA (1995) und der Film Dimension Bomb (2009) liefern Beispiele für die emotionale Intensität seiner Bilder. Takashi Watabe ist der Architekt großer Anime-Erfolge wie Akira (1988), Ghost in the Shell (1995) und Neon Genesis Evangelion (2007, 2009). Mit obsessiver Detailgenauigkeit entwirft er ganze Stadtsysteme, komplexe Organismen und Maschinen. Watabes Layouts sind gleichermaßen technischer wie poetischer Art.

Neben einem umfangreichen Angebot an Workshops und Vorträgen begleitet ein Filmprogramm ab dem 10. September die Ausstellung. Proto Anime Cut – Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm ist Teil eines Japan- Themenschwerpunkts im Dortmunder U, der mit dem international renommierten Japan Media Arts Festival vom 10. September bis 2. Oktober 2011 fortgesetzt wird. Proto Anime Cut – Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm ist ein Projekt von Les Jardins des Pilotes (Berlin) in Kooperation mit 2dk (Tokio) und wird von Stefan Riekeles und David d'Heilly kuratiert. Die von Obra Social Caja Madrid (Spanien) koproduzierte Ausstellung macht 2012 Station in Barcelona und Madrid. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher und detaillierter Katalog im Kehrer Verlag.

Im Zeitraum vom 9. Juli bis 14. August 2011 präsentiert der HMKV parallel zu Proto Anime Cut – Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm die große internationale Ausstellung Gone to Croatan – Strategien des Verschwindens in der sechsten Etage des Dortmunder U. Im Zusammenhang mit teilweise wahren, mysteriösen und erstaunlichen Geschichten laden Videos, Fotografien, Künstlerbücher, Audioinstallationen und Skulpturen zu einer Spurensuche und Auseinandersetzung mit dem Thema Verschwinden als individuelles, gesellschaftliches wie politisches Phänomen ein.

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Proto Anime Cut
Räume und Visionen im japanischen Animationsfilm
Ein Projekt von Les Jardins des Pilotes (Berlin) in Kooperation mit 2dk (Tokio)
Kuratoren: Stefan Riekeles, David d´Heilly

Künstler: Hideaki Anno, Haruhiko Higami, Koji Morimoto, Hiromasa Ogura, Mamoru Oshii, Takashi Watabe

Stationen:
10.09.11- 13.11.11 hartware medien kunst verein, Dortmund
25.01.12- 25.03.12 Espai Cultural Caja Madrid, Barcelona, Spanien
15.04.12- 06.06.12 La Casa Encendida, Madrid, Spanien