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Die Ausstellung „Perspektive 07“ präsentiert eine Auswahl der Neuerwerbungen der Sammlung für Gegenwartskunst im Lenbachhaus der letzten Jahre und die Wünsche des Museums, die für eine Präzisierung und Vervollständigung der Sammlung noch offen stehen. Mit ca. 3.000 Werken verfügt die Städtische Galerie im Lenbachhaus über eine der umfassendsten Sammlungen internationaler Gegenwartskunst in Deutschland. Neben den bedeutenden Sammlungen des 19. Jahrhunderts und des Blauen Reiter, nimmt die Sammlung für Gegenwartskunst mit ihren Anfängen in den 1960er Jahren und ihren Neuerwerbungen aktuellster Kunst im Programm des Museums einen bedeutenden Raum ein.

Nach seiner Eröffnung als städtisches Museum im Jahr 1929 konzentrierte sich das Lenbachhaus zunächst auf die Münchner Schule des 19. Jahrhunderts, die Genre- und Historienmalerei der Jahrhundertwende, den Kreis um Wilhelm Leibl und die Münchner Impressionisten Lovis Corinth und Max Slevogt, die Münchner Secession, den Münchner Jugendstil sowie auf die Vertreter der Neuen Sachlichkeit. Mit der umfassenden Schenkung Gabriele Münters von weltweit unvergleichlichen Werken des Blauen Reiter 1957 hat das Lenbachhaus sein Sammlungsprogramm schließlich auf die internationale Moderne erweitert.

Ende der 1970er Jahre begann der damalige Direktor Armin Zweite, die Sammlung des Museums auf internationale Gegenwartskunst auszuweiten. Nach Ausstellungen von zentralen Künstlerpersönlichkeiten der zweiten Jahrhunderthälfte wie Andy Warhol, Joseph Beuys oder Richard Serra wurde mit deren Werken der Grundstein für eine Sammlung der Gegenwartskunst gelegt. In den 1970er und -80er Jahren kamen unter anderem Werke von Hanne Darboven, Valie Export, Öyvind Fahlström, Andreas Gursky, Asger Jorn und der Gruppe Spur, Anselm Kiefer, Sigmar Polke, den Wiener Aktionisten um Arnulf Rainer und Hermann Nitsch, Gerhard Richter, Dieter Roth, Katharina Sieverding und Thomas Struth hinzu. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Sammlung mit Werken von Dennis Adams, John Baldessari, Stephan Balkenhol, Mel Bochner, Christian Boltanski, Dan Flavin, Günther Förg, Isa Genzken, Dan Graham, Michael Heizer, Jenny Holzer, Per Kirkeby, Ken Lum, Matt Mullican, Ulrich Rückriem, James Turrell, Jeff Wall u.v.a. ausgebaut.

Dem hohen Niveau dieser Basis und dem Mut, seinerzeit noch nicht etablierte Positionen wie Beuys oder Richter zu zeigen, deren historische Bedeutung sich erst im Verlauf der Jahrzehnte abgezeichnet hat, ist das Lenbachhaus treu geblieben. Bis heute ist das Sammlungskonzept des Hauses im Bereich der Gegenwartskunst davon geprägt, Qualität zu wahren und gleichzeitig Neues zu wagen. So konnten in den letzten Jahren Sammlungsschwerpunkte mit neuen Werken von Künstlern wie James Coleman, Isa Genzken, Gerhard Richter oder Katharina Sieverding um wesentliche Stücke erweitert werden, während Erwerbungen von Künstlern wie Franz Ackermann, David Claerbout, Thomas Demand, Olafur Eliasson, Cerith Wyn Evans oder Liam Gillick zu einem frühen Zeitpunkt in der Karriere der Künstler von der visionären Qualität der Sammlung zeugen. Darüber hinaus konnten der Atlas von Gerhard Richter vervollständigt und der reiche Bestand konzeptioneller Kunst der 1960er und 1970er Jahre mit Werken von Mel Bochner, Valie Export und Urs Lüthi ausgebaut werden.

Der überwiegende Teil der Neuzugänge der letzten Jahre fand in Zusammenhang mit Ausstellungen der Künstler im Lenbachhaus und im Kunstbau statt, aus denen durch eigene Mittel, durch die Mittel des Fördervereins Lenbachhaus e.V., durch die großzügige Unterstützung privater Sammler sowie durch privatwirtschaftliche Fördermittel zentrale Werke aus den Ausstellungen in die Sammlung eingegangen sind. Auf diese Weise konnten Meisterwerke, wie etwa die phantastische Lichtinstallation von Olafur Eliasson „Sonne statt Regen“, die er eigens für den Kunstbau entworfen hat, für die Sammlung des Museums bewahrt werden. Eine weitere Sammlungstradition des Museums, die mit den Rauminstallationen „Zwei Skulpturen für einen Raum von Blinky Palermo“ (1971/84) von Gerhard Richter und „Zeige Deine Wunde“ von Joseph Beuys (1974/75) begann, besteht darin, Räume des Museums von Künstlern gestalten zu lassen. Auf diese Weise sind in den letzten Jahren individuelle Rauminstallationen von Franz Ackermann, Liam Gillick, Olaf Metzel, Martin Wöhrl und Claudia Wieser in die Sammlung eingegangen.

Einige der gezeigten Künstler sowie eine Reihe junger Münchner Künstler, die im Lenbachhaus ihren ersten größeren Auftritt hatten, haben in den folgenden Jahren eine enorme Aufmerksamkeit erfahren. So war es beispielsweise möglich, zu einem frühen Zeitpunkt Ankäufe von Hansjoerg Dobliar, Andreas Hofer, Franka Kaßner und Michael Sailstorfer zu tätigen, die für das Lenbachhaus heute nur noch schwer möglich wären.

Die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre haben allerdings dazu geführt, dass die Möglichkeiten der Museen und öffentlichen Sammlungen zunehmend eingeschränkt werden: Öffentliche Gelder werden in drastischem Umfang reduziert, während sich gleichzeitig auf dem Kunstmarkt ein immer unrealistischeres Preisniveau entwickelt hat, was das Sammeln von Kunst für öffentliche Institutionen zunehmend schwierig, ja teilweise unmöglich macht. Es ist daher für ein Museum der Gegenwartskunst wie das Lenbachhaus in Zeiten wie diesen eine enorme Herausforderung, seine Sammlungstätigkeit sinnvoll weiterzuführen. Die Ausstellung dokumentiert die Strategien des Lenbachhauses, mit dieser Situation produktiv umzugehen, aber auch die Lücken, die das Museum aus eigener Kraft bisher noch nicht füllen konnte. Dazu gehören neueste Werke von Andreas Gursky und Isa Genzken, die als Ergänzung zu den bereits in der Sammlung befindlichen früheren Werken für die Sammlungskontinuität ebenso elementar wären wie neue Werke von Mathias Poledna, Thomas Scheibitz, Wolfgang Tillmans oder Thomas Zipp, die die Sammlung inhaltlich verdichten würden. Darüber hinaus wäre es ein großer Wunsch des Museums, Werke von Michael Beutler, Erik van Lieshout oder Sean Snyder anzukaufen, die in der jüngsten Vergangenheit im Lenbachhaus ausgestellt haben.

Aufgrund der räumlichen Begrenzung des Museums wird es im September 2007 einen Szenenwechsel geben, in dem Neuerwerbungen u.a. von David Claerbout, Cerith Wyn Evans und Mark Raidpere gezeigt werden.

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PERSPEKTIVE 07
Neuerwerbungen und Wünsche der Sammlung für Gegenwartskunst im Lenbachhaus
Kurator: Susanne Gaensheimer

Künstler: Franz Ackermann, Michael Beutler, Mel Bochner, David Claerbout, James Coleman, Thomas Demand, Hansjörg Dobliar, Cerith Wyn Evans, VALIE EXPORT, Martin Fengel, Ceal Floyer, Isa Genzken, Liam Gillick, Andreas Gursky, Michael Hackel, Andreas Hofer, Franka Kaßner, Erik van Lieshout, Urs Lüthi, Olaf Metzel, Sarah Morris, Mathias Poledna, Mark Raidpere, Gerhard Richter, Michael Sailstorfer, Thomas Scheibitz, Emanuel Seitz, Katharina Sieverding, Sean Snyder, Wolfgang Tillmans, Claudia Wieser, Thomas Zipp ...