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Der Zirkus gilt gemeinhin als Symbol für eine exotische Gegenwelt, für eine Welt des Traumes, als Gegenentwurf zu gesellschaftlichen Konventionen. Doch auch die Zirkuswelt kennt Hierarchien, lebt nach eigenen Gesetzen, existiert im Alltag und verfügt über eine enge Bindung an die Außenwelt. So agiert der Zirkus innerhalb eines Handlungsfeldes, das das Publikum aus der eigenen Erfahrung bereits kennt, verzerrt diese Wahrnehmung jedoch durch Übersteigerung und Ironie. Im Akt der Dressur werden biologische Gesetze scheinbar auf den Kopf gestellt, die Akrobaten überwinden im Hochseilakt ebenso scheinbar die Gesetze der Schwerkraft und die Clowns treiben ihr Spiel mit Moral, Wertvorstellungen und sozialen Umgangsformen.

Der Zirkus ist in seiner Rezeption schon lange über sich selbst hinaus gewachsen. Innerhalb der Filmgeschichte bildet der Zirkusfilm ein eigenes Genre, das selbst wieder zurück in die Manege weist, indem der Zirkus an seinen eigenen Klischees partizipiert und diese immer wieder weiterspielt und aufnimmt. Auch in den bildenden Künsten hat der Zirkus als Kunstforum Niederschlag gefunden. Alexander Calder's Auseinandersetzung mit dem Zirkus gehört zu den wesentlichsten Stationen dieser Entwicklung.

Die Ausstellung „Parallelwelt Zirkus“ geht über den Rand der Manege hinaus und versammelt internationale, künstlerische Positionen, die den Zirkus auch außerhalb des Zirkuszeltes thematisieren und Figuren, Formen und Metaphern daraus entlehnen.

So verlagert etwa Jonathan Monk's Arbeit It's a circus das subversive Handeln der Zirkusleute in den Ausstellungsraum hinein. Fünf monochrome Gemälde deuten auf eine Geschichte und Praxis des Ausstellens, die in einer vom Künstler choreographierten Performance von Zirkusartisten unterwandert wird. Was zu sehen sein wird, sind Fotografien dieses Aktes, der vor der Ausstellungseröffnung und ohne Publikum stattfinden wird. Jeppe Hein's Light Pavilion nimmt die Ästhetik des Zirkuszeltes auf, das die Besucher durch körperliche Anstrengung auf- und abspannen können.

Eine der zentralen Figuren des Zirkus ist der Clown, der als August jede Norm bricht und sich als weißer Clown mit seiner Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit lächerlich macht. In seiner Grenzüberschreitung ist der August Verkörperung subversiver Strategien, die der Zirkus auch als Gesamtheit vertritt. So beziehen sich auch zahlreiche Arbeiten der Ausstellung auf die Figur des Clowns. Rona Yefmans Fotografien transportieren das Clownmotiv in eine surreale Szenerie, die Alltagswelt und Metapher eng verweben. Ugo Rondinones lebensgroße Clownfigur konfrontiert das Klischee des Clowns mit einem Gefühl des Unbehagens, ebenso die Arbeit Cabinet of von Roni Horn, die den Clown als Symbol thematisiert, das auf den Betrachter zurückweist. Erwin Wurm orientiert sich in einer One-Minute-Sculpture am Scheitern des August im Zirkus, und überträgt diese Erfahrung auf die Besucher.

Anna Kolodziejska's Arbeit verweist auf die Spektakularität des Dressuraktes, ohne ihn selbst zu zeigen. Die Welt der Akrobaten führt Rhona Bitner mit ihrer Circus Serie vor, die in der Ausstellung mit einer 33-teiligen Fotoinstallation präsentiert wird.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung ist dem Absonderlichen, dem Exotischen und dem Thema „Freaks“ gewidmet, was unter anderem in den Arbeiten von Peter Blake und Ulrike Ottinger Eingang in die Ausstellung findet.

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Parallelwelt Zirkus
Kuratoren: Gerald Matt, Verena Konrad

Künstler: Diane Arbus, Julian Bismuth, Rhona Bitner, Peter Blake, Olaf Breuning, Bernhard Buhmann, Alexander Calder, Charlie Chaplin, Clifton Childree, Charles & Ray Eames, Federico Fellini, Thilo Frank, Jeppe Hein, Roni Horn, Anna Jermolaewa, Anna Kolodziejska, Tomasz Kowalski, Zilla Leutenegger, Ulrike Lienbacher, Jonathan Monk, Ulrike Ottinger, Marion Peck, Ugo Rondinone, Joe Scanlan, Cindy Sherman, Simmons & Burke, Kristian Sverdrup, Javier Téllez, Martin Walde, Erwin Wurm, Rona Yefman