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Daniel Palacios entwickelt seine künstlerischen Arbeiten im Zusammenspiel von Kunst, Wissenschaft und Technologie, übertragen auf Strukturen des Raumes und der menschlichen Wahrnehmung. Ein Charakteristikum bei Palacios ist dabei der Bezug zu reellen Gegebenheiten und der daraus resultierende Vorzug, den er plastischen Ausdrucksformen gibt. Seine neueren Arbeiten beschäftigen sich vorwiegend mit der menschlichen Erinnerung und den Objekten, von denen sie getragen, behalten und transportiert wird. Häufig koppeln Menschen ihre Erinnerungen an Objekte, die sie täglich mit sich tragen, um die Erinnerung an ein Ereignis zu behalten; diese Objekte fungieren somit weniger als konkrete Visualisierungen, sondern vielmehr als Verbindungen zu einer bestimmten Begebenheit und treten als solche gegenüber dem tatsächlichen Geschehnis in den Vordergrund. Ausgehend von der Beobachtung, dass sich in einem definierten Kulturkreis bestimmte Objekte im allgemeinen mit bestimmten Arten von Gefühlen, Erfahrungen und Erinnerungen verbinden, zeigt Daniel Palacios in einer opulent-museal arrangierten Ausstellung mit dem Titel "Shelter" eine ganze Reihe solch kleiner Erinnerungs-"Skulpturen": der Künstler hat ihnen mithilfe verschiedener Techniken, u.a. durch Laserbearbeitung, die Form ganz besonderer Schmuckstücke verliehen, die ihre Erinnerungs-Information digital ablesbar aufgeprägt tragen, dem nicht eingeweihten Besucher gegenüber aber hermetisch bleiben, so dass ihre visuelle Attraktivität und Originalität in den Vordergrund tritt.

Mark Soos aktuelle Ausstellung "Madame Guillotine" beschäftigt sich anhand von bildlichen Darstellungen der Guillotine aus der Zeit der Französischen Revolution mit Fragen der Bildproduktion. Die aus Digitalarchiven und örtlichen Büchereien entnommenen Reproduktionen von Stichen aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden mit der niedrig auflösenden Kamera eines Mobiltelefons abfotografiert und dann wiederum in einem traditionellen Fotolabor vergrößert und ausgedruckt, wobei zusätzlich ein analog hergestelltes Fotogramm über das digitale Bild gelegt wurde. Jedes Werk ist bei Soo eine Komprimierung verschiedenartigster Methoden der Bildproduktion, die auf ein und derselben Bildebene koexistieren. Vergrößerte Produkte digitaler Komprimierung, Sensor-Geräusche und die Detailschärfe eines Fotogramms wetteifern miteinander und zeichnen Geschichten und Reibungspunkte auf, die vom Stich bis zur gedruckten Seite, von den Anfängen des Analogen bis hin zum Digitalen reichen. Der Übergang zwischen verschiedenen Systemen der Bildherstellung findet seinen Widerhall in Bilddarstellungen der Guillotine und in elementaren Bildern der Unruhen, die die Monarchie des Ancien Régime in Frankreich in die ungewisse und wechselhafte Moderne einer demokratischen Republik überführten.

Isabel Simões spielt mit der Wahrnehmung des Betrachters, indem sie geringfügige Eingriffe in bestehenden räumlichen Strukturen vornimmt. Ihre anamorphotischen, oft trugbildhaft ins Dreidimensionale weisenden Malereien interpretieren die im Berliner Stadtraum allgegenwärtigen Verkehrszeichen, Schilder und Symbole neu. Die Konstruktion eines gewissermaßen szenographischen Raumes in der Ausstellung gibt einen Bewegungsablauf vor, in den der Betrachter im Sinne des Performativen mit einbezogen wird. Indem sie über die Wahrnehmung in Abhängigkeit vom betrachterischen Standpunkt reflektieren, handeln Simões' Werke sowohl von der gegenstandslosen als auch der materiellen Seite von Bildern, Fiktion, Illusion und Täuschung. Zur Ausstellung erscheint ein Künstlerbuch mit einem Essay von Chris Sharp und einer Dokumentation der neueren Werke von Isabel Simões. Isabel Simões ist Stipendiatin der Fundação Calouste Gulbenkian, Lissabon im Rahmen des Internationalen Atelierprogramms.

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Daniel Palacios: Shelter
Isabel Simoes: An Oblique Fiction
Mark Soo: Madame Guillotine