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21er Haus

Oswald Oberhuber (*1931) zählt zu den einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten Österreichs. Diese Werkschau ist eine der bis dato umfangreichsten Präsentation seines Œuvres und zeigt rund 300 Arbeiten von den späten 1940er-Jahren bis heute, die die Vielfalt der eingesetzten Medien widerspiegeln, darunter Schlüsselwerke aus allen Schaffensperioden: von informeller Plastik, Malerei, Collage, Assemblage und Skulptur über Schrift- und Zahlenbilder, große Tucharbeiten bis zur Zeichnung, die sich als Konstante durch Oberhubers Œuvre zieht.

Man sollte keinen Stil entwickeln, eigentlich soll jedes Bild neu sein. Du bekommst irgendwann eine Routine und weißt, wie es wird. Sobald ich die gespürt habe, ist mir langweilig geworden.“

Diesem Prinzip der permanenten Veränderung ist Oswald Oberhuber nicht nur künstlerisch verschrieben, es prägte auch seine Tätigkeit unter anderem als Ausstellungsmacher, Galerist, Professor und Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien.

Oswald Oberhubers Werk steht für die permanente Veränderung und damit für den radikalen Bruch mit der Idee eines einheitlichen, stilistisch durchgängigen Œuvres – er ist, wenn man so will, ein postmoderner Künstler avant la lettre. Das repräsentiert die Ausstellung in ihrer Vielfältigkeit. „Zugleich“,so die Kuratoren Luisa Ziaja und Alfred Weidinger, „wird in all der Diversität der eingesetzten Stile, Medien, Materialien und Techniken letztlich immer Oswald Oberhuber sichtbar. Sein Umgang mit Form und Farbigkeit, sein Fokus auf die Linie ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk und werden in der Neben- und Gegenüberstellung der Arbeiten in der Ausstellung augenfällig. Die auf einer Idee Oberhubers basierende Ausstellungsarchitektur für das 21er Haus ermöglicht im Zusammenspiel mit den gezeigten Kunstwerken genau dies: überraschende Momente zwischen Neuorientierung und Kontinuität.“

Wegbereiter der informellen Kunst in Österreich
Oswald Oberhuber lernt zunächst Bildhauerei an der Bundesgewerbeschule in Innsbruck. Bereits als knapp Zwanzigjähriger entwickelt er eine höchst eigenständige künstlerische Auseinandersetzung mit französischer Nachkriegskunst, insbesondere mit dem Tachismus und dem Informel, in den Medien Zeichnung, Malerei und Skulptur. Diese gegenstandslose Kunst, auch als lyrische Abstraktion bezeichnet, strebt die vollkommene Auflösung der Form in einem spontanen, unbewussten Schaffensprozess an. Oberhuber ist nicht nur einer der ersten informellen Künstler in Österreich, mit der Übersetzung dieser Prinzipien von der Malerei in sein Konzept der informellen Plastik leistet er auch im internationalen Kontext einen singulären Beitrag. Diese Arbeiten sind meist in Gips, Draht und anderen fragilen Materialien als dreidimensionale Raumzeichnung ausgeführt. Sie setzen sich radikal von der damals kanonischen Formensprache der Moderne im Allgemeinen und von postkubistischer Skulptur im Besonderen ab. Mitte der 1950er-Jahre, am Höhepunkt des Informel, beendet Oberhuber diese Phase, beginnt realistisch zu arbeiten und macht den ersten einer Vielzahl von künstlerischen Sprüngen, die fortan sein Werk bestimmen.

Permanente Veränderung
Diesem Muster des überraschenden Neuanfangs, das von geistiger Mobilität und Aufgeschlossenheit zeugt, folgt Oberhuber mit großer Konsequenz. In Anlehnung an Leo Trotzkis Begriff der permanenten Revolution postuliert er 1956 das Prinzip der permanenten Veränderung in der Kunst. Sich stets einer Festlegung und Kategorisierung entziehend, frei von Berührungsängsten, setzt sich Oberhuber mit verschiedensten künstlerischen Strömungen auseinander, entdeckt und erfindet, experimentiert und assimiliert, um das jeweilige Potenzial auszuschöpfen bis zum nächsten Neuen. Sein antiheroischer Zugang zur Kunst zeigt sich in der ständigen Hinterfragung der eigenen Mittel, der Rahmenbedingungen künstlerischer Bedeutungsproduktion und des Werk- und Autorbegriffs, die immer wieder ins Wanken geraten.