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Eröffnung: 24. August 2007, 18h, anschliessend Sommerfest im Hof, gesponsert von Eichhof

Der Schweizer Künstler Olaf Breuning (*1970 in Schaffhausen, lebt und arbeitet in New York) produziert seit den späten 1990er Jahren zitatreiche Arbeiten, die auf den imaginären Bildspeicher des Westens und seine Vorstellungswelten zurückgreifen. Bekannt wurde er durch seine Filme, inszenierte Fotografien, bunte infantile Skulpturen mit grossen Augen und in lakonischer Weise die Wirklichkeit kommentierende Zeichnungen. Tragendes Element seines Werks ist eine Künstlichkeit, die jede Darstellung und Figuration als zusammengesetzte sichtbar macht und damit eine grosse Bandbreite an Rezeptionsformen eröffnet. In diesem Substitut jeder originären und anspruchsvollen Bedeutung mischen sich Bilder und Sujets zu einem bewegungslos wartenden Nebeneinander auf einem theatralischen Spielplatz der Bühneneffekte für Grosse, auf dem sich die Werke schulterzuckend und ohne narrativen Überbau verteilen.

Im migros museum für gegenwartskunst wird Olaf Breuning eine zu Stellwänden arrangierte Architektur aus Kunsttransportkisten präsentieren, deren skurrile Bewohner die Besucher bei ihrer Lustwanderung durch den Skulpturenparcours entdecken können. Die The Eatmes (2007) – kleine, aus Lebensmitteln zusammengebastelte Fantasiegestalten auf einem Tisch – erweisen sich schlussendlich nur als Kunststoffplagiate von Nahrung und sind trotz all ihrer verführend-dekorativen Wirkung nicht zum Verzehr geeignet. Auch The Collectors (2007) sind mit grossen Augen versehen und erinnern in ihrem durchsichtigen Setzkasten an das beseelte Geschirr aus dem Disney-Film Beauty and the Beast (1991) in dem kurzen Moment, bevor das handelnde Subjekt die Kontrolle über das Szenario verliert und in einem bunten, psychedelischen Reigen in den belebten Kräften der animistischen Objekte ertrinkt. Die hölzernen und mit wächsernen Kerzen wie Stacheln gespickten Totempfähle von Oh, yes … it is a garden! (2005) gleichen riesigem Spielzeug. Sie lassen den Gedanken an ein Unheimliches aufsteigen, da ihnen trotz ihrer vordergründigen Einfachheit eine eindeutige Dekodierbarkeit fehlt und sie, an diesem Ort jeder Funktion beraubt, wie rituelle Gegenstände einer unbekannten Gesellschaft wirken. Die Ambivalenz zwischen Spielplatz und Geisterbahn vollendet sich in Woman and the Dead (2007) mit dem über ihren Federwipp-Partner ungläubig staunenden und in Richtung des Betrachters geworfenen Blick des kleinen Mädchens. The Humans (2007) schliesslich sind geisterhafte Marmorskulpturen, zum Teil an Märchengestalten angelehnt, zum Teil mit stark akzentuierter Mimik, als ob ihnen etwas weggenommen oder gegeben worden wäre.

Neben den Skulpturen sind tableauartige Fotografien und mit düsterem Humor gesättigte Zeichnungen aus wenigen Strichen gehängt, deren Pointen in kleinen Erzählungen von der Vergeblichkeit einer tragfähigen und sinnträchtigen Narration berichten. So ist die Fotografie der Ice Sculpture (2007) im Moment der Betrachtung längst geschmolzen oder war vielleicht nicht einmal aus Eis errichtet, und die Arbeit Can someone tell us why we are here? (2006), eine Gruppe in Karton gekleideter und beschrifteter Menschen, beantwortet die redundante rhetorische Frage bereits bei der Lektüre des im Bild auf die Pappverkleidungen geschriebenen Titels. Die Besucher werden in eine zu gross geratene, naive Welt versetzt, in der sie in der Position ungläubiger Kinder Zeugen der Dispositive ihrer Wahrnehmungen und Vorstellungen werden. Nichts ist mehr echt, und inmitten dieser Fragen nach dem Echten und Relevanten entsteht eine grosse Heimatlosigkeit, die in ihren virtuellen historischen Exkursen die Bilder dieser Vergangenheit als historisierende Klischees eines inexistenten, wilden Anfangs enttarnt.

In der Mitte des Rundgangs wird der Film Home 2 (2007) in einer Ausstellungssituation gezeigt, die durch überdimensionierte Sitzmöglichkeiten und einen Projektor aus Holz an die betreuten Kinderverwahrungsräume des Einrichtungshauses Ikea erinnert und an Home aus dem Jahr 2004 anknüpft. In Home zeigte Olaf Breuning eine Doppelprojektion, deren Protagonist auf der einen Seite als unruhig im stereotypen Hotelzimmer Verweilender gezeigt wurde und gleichzeitig in der anderen Filmhälfte als rastlos unfündig Heimat Suchender durch exotische Orte der Welt reiste. Der kulissenhafte Effekt haftet beiden Szenerien an. In der Fortsetzung Home 2 sitzt der Hauptdarsteller auf einer Insel in Papua-Neuguinea, durch deren Besuch er seiner kleinen Welt, in der er nichts ist als ein falscher Gorilla in einem billigen Affenkostüm, entrinnen wollte. Frisch aus einem Traum erwacht, beginnt er ein Gespräch mit seiner Affenmaske, seinem Alter Ego, bei dem ihm zunehmend die Differenzierung zwischen fiktiver und wirklicher Welt abhanden kommt und er von nun an 30 Minuten lang virtuell durch eine Welt reist, in der afrikanische Lebensrealität auf Appenzeller Brauchtum trifft.

Zuletzt waren Werke von Olaf Breuning zur Ausstellung Swiss Video in der Tate Modern in London (2006) und im Mori Art Museum in Tokio im Rahmen von all about laughter (2007) zu sehen.

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Olaf Breuning