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Eröffnung: Donnerstag, 10. Juli 2008, 19 Uhr

NEVERTHELESS fragt, wie es möglich ist, dass sich in unserer von Medien und Werbung dominierten, weitestgehend ‘geistlosen’ und durchweg oberflächlichen Zeit dennoch das Geistige in Form von radikaler Philosophie (mit erneut deutlichem Bezug auf Hegel) sowie in der Kunst, d.h. in schöpferischer, seelisch animierter Kraft offenbart.

Stellvertretend für diesen Trend stellt die Ausstellung sieben internationale KünstlerInnen vor, die es sich augenscheinlich zutrauen, dem „Geistigen in der Kunst“ (Wassily Kandinsky) mit unübersehbarem Purismus deutliche Impulse zu verleihen. Alle vertrauen dabei mehr oder weniger einem inneren Prinzip und der Interaktion von Kopf und Hand im Medium der Zeichnung. In ihren Werken deutet sich ein veränderter Zeitgeist an, der eher anti-materialistisch gestimmt ist und an der Amüsiergesellschaft zweifelt, aber nicht propagandistisch vergröbert. Nicht Nachahmung der Außenwelt, nicht Dokumentarismus sind die Ziele dieser Strömung, sondern die Suche nach dem Eigenleben verfeinerter Emotion, wie sie sich im flirrenden Strich und in einem introspektiven Ton manifestieren.

Tomislav Ceranic (*1961, Kroatien) | Die Zeichnungen der Star City-Serie (2001-04) wirken teilweise wie Gravuren aus dem 18. Jahrhundert, die sakrale oder weltliche Bauwerke zeigen. Diese Bauten sind weder identifizierbar noch lokalisierbar und scheinen wie UFOs zwischen Himmel und Erde zu schweben. Durch Vervielfältigung und teilweise Spiegelung kleiner Details in den Zeichnungen entstehen Gebilde, die aussehen wie Mandalas oder im Orbit trudelnde, aus Gebäuden zusammengefügte Planeten, die zwischen Science Fiction und Renaissance-Perspektive die Wahrnehmung des Betrachters herausfordern.

Motoko Dobashi (*1976, Japan) | Motoko Dobashis Märchen über Einsamkeit und Entfremdung, Verstecken und Ich-Findung sind Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Collage in einem, unterb. legt mit einem Teppich aus Recyclingmaterial, das den Mix der Kulturen zur Voraussetzung hat und sich gleichermaßen aus den Reservoirs von europäischer und japanischer Kunstgeschichte, M a n g a -Tradition und Street Art bedient. Auf diese Weise erreicht Dobashi in ihren Arbeiten eine fantasievolle Verbindung von Gestern und Heute.

Katja Eckert (1976, Deutschland) | Eckert arbeitet neben unterschiedlichen Langzeitprojekten an einer Serie linearer Tuschezeichnungen, deren Zeichensystem sie über die vor allem soziologisch/ philosophisch motivierten Ansätze hinaus weiterentwickelt hat. Es geht um Bilder abstrakter Begriffe, Beschreibungen von Zuständen, oder in jüngeren Arbeiten speziell um das Problem der Systemimmanenz. Der konzeptionelle Ansatz der Serie bestimmt bei Katja Eckert die Formelhaftigkeit der Darstellung, doch ist der zeichnerische Prozess dennoch immer direkt und intuitiv. Sebastian Hammwöhner (1974, Deutschland) | Das lineare Element zieht sich im wahrsten Sinne des Wortes wie ein Faden durch Hammwöhners gezeichnete Teppich-Kompositionen und Ornamentketten. Parallel zu aktuellen musikalischen Entwicklungen im Bereich von Folk und Anti- Folk betrachtet Hammwöhner ‘Traditionelles’ durch die Brille der Avantgarde und konzipiert Irrit a t i o n e n, indem er ‘Hochkunst’ und Elemente des so genannten ‘Naiven’ oder fälschlicherweise als ‘primitiv’ Bezeichneten aufeinander prallen lässt. Seine Werke beziehen sich auf Folklore und Kunsthandwerk verschiedener Regionen der Welt und korrigieren über ihre ästhetische Autonomie hinaus unseren Blick auf das vermeintlich ‘Archaische’.

Olaf Holzapfel (*1969, Deutschland) | Holzapfels Vorlagen sind thematische Studien und sehr häufig computergenerierte Zeichnungen. Die Beobachtung urbaner Räume und deren Handlungen sind das Grundthema der Arbeiten. Es gibt systematische Zeichnungen, die Text und Symbole verbinden, wobei Spuren der eigenen Bewegung als vegetative Linien nachvollzogen werden. Bei der Aufzeichnung wechselt Holzapfel zwischen den computergenerierten Zeichnungen und Handzeichnungen und hebt in seinen Bilder die Trennung zwischen Idealraum und Realraum auf. Seine Methode charakterisiert er als “übersetzen und lesen in der Realität”.

John Kleckner (*1978, USA ) | Kleckner dokumentiert eine ahistorische, geisterhafte Welt und bezieht seine Themen und Bildwelten dabei aus den verschiedensten Ressourcen: die alten Meister wie Dürer, Cranach oder Bosch zitiert er ebenso wie die visionäre Welt William Blakes, die altgriechische Mythologie oder das Kino von George Romero und David Cronenberg. Zentrales Thema bei Kleckner ist ‘Mutation’: seine Bilder konstruieren die ökologische Utopie einer Welt, in der der Mensch nicht dem Verfall preisgegeben ist, sondern sich in die Natur hinein entwickelt, sich mit ihr vereint und schließlich als organisches Ganzes in ihr aufgeht.

Roland Stratmann (*1964, Deutschland) | Den Begriff ‘Endloszeichnung’ benutzt Stratmann für Werke, die aus einer einzigen Linie bestehen und in einem konzentrierten Arbeitsprozess ohne Unterbrechung entstehen. Aus dem fließenden Linienverlauf erwächst auf der Bildfläche ein Netzwerk von Strukturen, Überlagerungen, Verdichtungen und optischen Brechungen. In einer einzelnen Zeichnung sind daher häufig unterschiedliche perspektivische Ansichten diverser Schauplätze sowie Parallelwelten zu sehen, abstrakte neben ornamentalen Formen. Im Verlauf des Zeichnens und dem wiederholten Kreuzen und Überzeichnen der Linie entstehen vexierbildhafte Bildstrukturen, die ein weites Spektrum an Assoziationen eröffnen. Zeit, Zufall und Unfall sind im Entstehungsprozess der Zeichnung einkalkulierte Faktoren.

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N E V E RT H E L E S S

Künstler: Tomislav Ceranic, Motoko Dobashi, Katja Eckert, Olaf Holzapfel
Sebastian Hammwöhner, John Kleckner, Roland Stratmann