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Symposium: 20./21. Mai 2011: Rethinking Needlework. Diskursive Fäden in aktuellen Kunst- und Designproduktionen

Handarbeitstechniken wie Stricken oder Häkeln sind wieder aktuell. Doch werden heute ˆ im Unterschied zu den bekannten Kategorien ˆ mit dem Faden in der Hand ganz neue Wirkungsfelder beschritten. Selbstbestimmung, Aktivismus oder Vernetzung sind Merkmale eines Crossover durch Kunst, Mode und Produktdesign.

Die Verbindung der Künste mit dem Alltäglichen anhand von Nadeltechniken sowie das daraus hervortretende Potenzial vielgestaltiger Interaktionen bilden den Kern dieser Ausstellung. Für die rund sechzig überwiegend zeitgenössischen Annäherungen an das altbekannte Handwerk ist der Faden ˆ als solcher weder Werkstoff noch Werkzeug ˆ das ideale Motiv. Die Materialität des Strick- und Häkelzeugs erlaubt eine natürliche Nähe zwischen Künstler und Betrachter, die Wärme des Materials entkräftet die Autorität des Werks. In der Vorliebe für Techniken, die gleichfalls perfekt und unprofessionell, intellektuell und populär, verstaubt und neuartig, funktional und unnütz erscheinen, manifestiert sich ˆ mitunter provozierend ˆ lustvolle Kritik an kulturellen Setzungen, das Transferieren der Masche ins Untextile oder die Entstehung des Werks erst durch sein Publikum.

Solchem Esprit zugrunde liegen Pionierarbeiten, die vor einhundert Jahren etwa im Schweizerischen Werkbund entstanden. Auf historische Distanznahme verzichtend, treten Objekte von Sophie Taeuber-Arp und Eugen Hasenfratz in einen Dialog mit prägenden Positionen der 1990er-Jahre wie Rosemarie Trockel oder Droog Design.

Auch die Medien verhelfen den Handarbeitstechniken zu Popularität. Unerwartet berichten sie über ein Strickkleid Michelle Obamas, über die Bitte nach Strickzeug eines der eingeschlossenen chilenischen Bergarbeiter, über den Wettbewerb des FCZ um den kreativsten Fanschal oder über die nach einer Guerilla-Aktion umhäkelte Baumreihe am Stadtrand. Heute treffen sich Jung und Alt zu Strickzirkeln und gleichsam als Nachlese zu William Morris versteht der europäische Craft-Aktivismus das Handwerk erneut als politisches Statement. Der wiederentdeckte Lifestyle des Selbermachens taugt als undogmatische Gegenströmung und schafft gleichzeitig den Sprung von der verpönten Heimarbeit in den akademischen Diskurs. Die progressiven Programme der Designhochschule Eindhoven und der Architekturschule der Königlich Dänischen Kunstakademie sowie die aus der Zürcher Hochschule der Künste hervorgegangene Senior Design Factory zeugen davon.

Mit einem einzigen, von Guerilla bis Forschung gespannten Faden, verführt die international besetzte Ausstellung abseits chronologischer oder narrativer Auffädelung zu unverhofften Komplizenschaften, provokanten Divergenzen und zur Re-Lektüre des Alltäglichen.

SYMPOSIUM: 20./21. MAI 2011 Rethinking Needlework. Diskursive Fäden in aktuellen Kunst- und Designproduktionen Zürcher Hochschule der Künste, Vortragssaal, 10:00 - 18:30 Uhr, Eintritt CHF 15/25, Informationen: www.museum-bellerive.ch und http://ics.zhdk.ch

Programm:

20. Mai 2011 19:00 Uhr, Museum Bellerive, Höschgasse 3, 8008 Zürich Begrüssung: Sigrid Schade, Leiterin des Institute for Cultural Studies in the Arts ICS und Tanja Trampe, Kuratorin Museum Bellerive, anschließend Führung durch die Ausstellung mit den Kuratorinnen Mònica Gaspar und Tanja Trampe

21.Mai 2011 09:30-18:30 Uhr, Zürcher Hochschule der Künste, Vortragssaal, Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich

artist intervention: "Häkelaktion 21. Mai 2011", Regula Michell; Meret Wandeler, Zürich Begrüßung/Einleitung: Marion Strunk, Künstlerin/Kulturwissenschaftlerin, Zürich; Sigrid Schade, Leiterin ICS, Zürich "Neue Masche ˆ gestrickt, gestickt und anderes", Patricia Waller, Künstlerin, Berlin "Von der Affirmation in der Subversion und umgekehrt" Matilda Felix, Kunsthistorikerin, Neue Nationalgalerie Berlin artist intervention: "Para-Digitale Verstrickungen", Rüdiger Schlömer, Zürich "Soft Strategies und Hardware Hacks. Rethinging Needlework From Analog to Digital and Back Again", Verena Kuni, Kunst-/Medien-/Kulturwissenschaftlerin, Goethe-Universität Frankfurt/Main artist intervention: ≥Lusthäkelgarten", frfr-international (Marlen Groher; Corinna Mattner), Zürich "Knowing Needlework", Jessica Hemmings, Head of Context at Edinburgh College of Art/Schottland "A Tango for Two", Petter Hellsing, Künstler, Hägersten/Schweden Paneldiskussion "sampling threads", Performance von Ines Bauer, Steffen Schmidt, Désirée Zappa, Studiengang MAS/CAS ZHdK Anschließend: Apéro

Künstler: Sandra Backlund (SE), Alice Bailly (CH), Jürg Benninger (CH), Isabel Berglund (DK), Josh Blackwell (US), Bless (DE/FR), Humberto y Fernando Campana (BR), Marlis Candinas (CH), Hussein Chalayan (CY), Susan Collis (UK), Demakersvan (NL), Irene Düring (CH), Angelo Filomeno (IT), Johan Fowelin (SE), frfr-international (CH), Dominique Eliane Girod (CH), Eugen Hasenfratz (CH), Petter Hellsing (SE), Seda Hepsev (TR), Theresa Honeywell (US), Hella Jongerius (NL), Bauke Knottnerus (NL), Kwangho Lee (KR), Reto Leibundgut (CH), Elena Leurini (NL), Anne Lorenz (CH/D), Christien Meindertsma (BE), Hikaru Miyakawa (JP), Janet Morton (CA), Laura Neuvonen (FI), Karen Norberg (US), Agata Olek (US), Tom Philipps (DE), Andrea Pritschow (DE), Pudelskern (AT), Mette Ramsgard Thomsen (DK), Freddie Robins (UK), Rüdiger Schlömer (DE/CH), Sebastian Schönheit (DE), Senior Design Factory (CH), Verena Sieber-Fuchs (CH), Liselotte Siegfried (CH), Annette Streyl (DE), Marion Strunk (CH), Sophie Taeuber-Arp (CH), Ficht Tanner (CH), Rosemarie Trockel (DE), Felieke van der Leest (NL/NO), Joana Vasconcelos (PT), Ionna Vautrin/Guillaume Delvigne (FR), Michela Vianello/Karim Rashid (IT), Sara Vidas (CH), Patricia Waller (DE), Marcel Wanders (NL), Alicja Wasielewska (PL), Megan Whitmarsh (US), Wiedemann/Mettler (CH), Anne Wilson (US)