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Mit der Präsentation der „evn sammlung“ startet das MUMOK sein Ausstellungsprogramm zum „Jahr des Sammelns“. Damit verdeutlicht das Museum seine Initiative für eine aktuelle und nachhaltige Diskussion über die Gegenwart und Zukunft des öffentlichen und privaten Sammelns zeitgenössischer Kunst.

Internationalität und unmittelbare Zeitgenossenschaft prägen das Bild der evn sammlung. Seit 10 Jahren arbeitet ein Expertenteam (Brigitte Huck, Georg Kargl, Paul Katzberger, Wolfgang Kos, Hans Ulrich Obrist,) ohne inhaltliche oder mediale Einschränkungen kontinuierlich am Sammlungsprofil des niederösterreichischen Energieunternehmens EVN. Die Sammlung konzentriert sich auf die Praxis der letzten beiden Jahrzehnte, als sich die aktuelle Kunst vielfältig themen-, medien- und ortsübergreifend ausdifferenzierte. Von Beginn an pluralistisch und polyphon angelegt, ist die evn sammlung offen für unterschiedliche künstlerische Strategien bis hin zu nichtobjektgebundenen Kunstwerken. Im Zentrum stehen die KünstlerInnen, die Verführungskraft der Arbeiten und nicht etwa Themen wie ‚Energie’. Inzwischen ist die Sammlung auf über 150 Werke angewachsen. Sie stellt einen wichtigen Teil der Unternehmensphilosophie dar und ist lokal in die öffentlichen Bereiche der Konzernzentrale integriert.

Innerhalb der Themen- und Medienvielfalt kristallisieren sich Sammlungsschwerpunkte heraus, die auf den Zusammenhang von Kunst und Öffentlichkeit, von ästhetischen und gesellschaftlichen Fragestellungen verweisen. So bildet die Frage nach Identität und ihrer Konstruktion in einer von Medien beherrschten Welt ein zentrales Themenfeld der Sammlung. In unterschiedlichen künstlerischen Ansätzen werden zwischenmenschliche Beziehungen und persönliche Haltungen vor dem Hintergrund gegenwärtiger und geschichtlicher Existenzerfahrungen vorgestellt (u.a. Pavel Althamer, Marlene Dumas, Marcus Geiger, Douglas Gordon, Mona Hatoum, Elke Krystufek, Elisabeth Peyton, Muntean/Rosenblum).

Auch der Ausstellungstitel „Nach Rokytník“ bezieht sich auf das Thema der Identität: Er leitet sich von einer der ersten, für die Sammlung erworbenen Arbeiten, einer Fotoserie von Jitka Hanzlová ab, in der die Künstlerin ihr Heimatdorf Rokytník in Tschechien porträtierte. Dieser künstlerische Versuch, sich der „eigenen“ Geschichte fotografisch anzunähern, sowie die Zielsetzung der Fachjury, aufbauend auf diese Arbeit, d.h. in der zeitlich nach „Rokytník“ betriebenen Ankaufspolitik das Profil der Sammlung zu konturieren, sind miteinander korrespondierende Identitätskonzepte. Einen weiteren Themenschwerpunkt der Sammlung zeigen Werke, die Zivilisation und Natur zum Inhalt haben und die nach der Verantwortung des Einzelnen für das „Ganze“ fragen. Diese Arbeiten spüren Prozessen und Energien nach und erkunden auf differenzierte Weise die Wechselbezüge zwischen natürlichen und künstlichen Ressourcen, sowie zwischen Peripherien und Zentren (z.B. Maurizio Cattelan, Fischli/Weiss, Andreas Gursky, Fabrice Hybert, Andreas Slominski, Lois Weinberger).

Darüber hinaus bzw. im Zusammenhang mit diesen Themenbereichen beinhaltet die Sammlung zahlreiche repräsentative Positionen, in deren Mittelpunkt die Reflexion über die Produktion und Definition von Kunst steht. Dazu zählen medienreflexive Arbeiten, die jenseits tradierter Kunstgattungen angesiedelt sind, sowie Bilder, Objekte und Projekte, in denen die traditionellen Medien der Malerei und Skulptur analysiert und erweitert werden (Angela Bulloch, Bernard Frize, Liam Gillick, Mike Kelley, Herwig Kempinger, Thomas Locher, Inés Lombardi, Walter Obholzer, Gerwald Rockenschaub, Sarah Morris, Sue Williams).

Weiters erzählt die Sammlung von der Kunstproduktion der allerletzten Jahre, die von einer verstärkten Diskursbildung und Politisierung charakterisiert ist, und sich mit den künstlerischen Werturteilen der Moderne kritisch auseinandersetzt (Mircea Cantor, Roza El-Hassan, Jakob Kolding, Dorit Margreiter, Melik Ohanian, HuangYong Ping, Florian Pumhösl Anri Sala, Rirkrit Tiravanija, Milica Tomic). Ein Schwerpunkt sind darüber hinaus Modelle und inszenierte Vitrinenobjekte, die auf einer skulpturalen Ebene die Vielschichtigkeit bzw. Brüchigkeit der Realität demonstrieren (Jimmie Durham, Joep van Lieshout, Marko Lulic, Roman Ondák, Boris Ondreicka, Franz West).

Trotz aller Unterschiedlichkeit gehen die einzelnen Arbeiten Verbindungen ein, ermöglichen Beziehungen, stellen neue Narrationen her, die sich von enzyklopädischen Taxierungen klassischer Modelle unterscheiden. Schließlich ist die visuelle Registratur der evn sammlung von jener subjektiven Perspektive gekennzeichnet, die Fans und LiebhaberInnen vorbehalten ist.

Die Konzeption und das Profil der Sammlung gründen in der Überzeugung, dass professionelles Sammeln auf privater bzw. privatwirtschaftlicher Grundlage, ein zugleich öffentlichkeitsrelevantes Unterfangen ist, und aktuelle Kunstproduktion eine Voraussetzung dafür sein kann, die eigene historische Situation kritisch zu reflektieren und einzuordnen. Die Präsentation der Sammlung in den öffentlich frequentierten Räumen des eigenen Unternehmens sowie in der öffentlichen Institution des Museums ist Ausdruck dieser Haltung. Für das MUMOK und seine Besucher schafft die Ausstellung der evn sammlung die Möglichkeit, auch die Museumssammlung als Kontext neu und anders zu sehen.

Zur Ausstellung erscheint ein ausführlicher Gesamtkatalog mit Texten von den Mitgliedern des EVN Kunstrates, sowie einer Einführung von Edelbert Köb und einem Text von Thomas Trummer.

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Nach Rokytnik - Die Sammlung der EVN
Kuratorin der Ausstellung: Brigitte Huck

Künstler: Pawel Althamer, Marlene Dumas, Marcus Geiger, Douglas Gordon, Mona Hatoum, Elke Krystufek, Elizabeth Peyton, Muntean / Rosenblum, Jitka Hanzlová, Maurizio Cattelan, Fischli / Weiss, Andreas Gursky, Fabrice Hybert, Andreas Slominski, Lois Weinberger, Angela Bulloch, Bernard Frize, Liam Gillick, Mike Kelley, Herwig Kempinger, Thomas Locher, Ines Lombardi, Walter Obholzer, Gerwald Rockenschaub, Sarah Morris, Sue Williams, Mircea Cantor, Roza El-Hassan, Jakob Kolding, Dorit Margreiter, Melik Ohanian, Huang Yong Ping, Florian Pumhösl Anri Sala, Rirkrit Tiravanija, Milica Tomic, Jimmie Durham, Joep van Lieshout, Marko Lulic, Roman Ondák, Boris Ondreicka, Franz West ...