press release only in german

Die Ausstellung anlässlich des „Europäischen Jahres der Erziehung durch Sport“ zeigt ungewohnte und überraschende Blicke auf Sport und Sportler: Konzentration, Meditation und Gefühle werden ebenso thematisiert wie Zeit, Ausdauer und die mitunter absurd wirkenden Anstrengungen der Athleten.

„Wir wurden darauf gedrillt, nicht den Reflexen, Impulsen oder Ängsten unserer Körper im Wasser nachzugeben oder uns gar in unserer ureigenen Geschichte mit diesem fremd-vertrauten Element zu verlieren, sondern in die Zeit hineinzudenken und hineinzuarbeiten in die Unterschiedslosigkeit des Wassers, den Takt der Zeit mit den Schlägen unserer Arme und Beine, die ausholten, ausgriffen, ausschlugen mit dem einzigen Ziel, die vertickende Zeit auf dem Zifferblatt mit dem Anschlag am Beckenrand zum Stillstand zu bringen. ... Das zeitgewordene Wasser vor uns war pure Gegenwart, der rasende Taktschlag des Jetzt, das augenblickliche Vergehen von Zeit, gegen das wir anschwammen mit aller Kraft ohne Davor und Danach.“ (John von Düffel: Vom Wasser, 1998)

Die Sportlerin in Heike Baranowskys Videoarbeit (6) schwimmt und schwimmt und schwimmt. Mit gleichmässigen Zügen zieht sie ihre Bahn durchs Wasser. Doch kommt sie wirklich voran? Erwecken nicht die vollkommen gleichförmigen Bewegungen den Eindruck, dass die Schwimmerin auf der Stelle krault? Heike Baranowsky hat das Video aus einer sich ständig wiederholenden Sequenz eines einzelnen Schwimmzuges zusammen gesetzt. Das Luftholen der Schwimmerin ist herausgeschnitten. Was bleibt ist ein endloses und immer wieder gleiches Rudern der Arme und Beine. Die Zeit scheint stillzustehen oder bis zur Endlosigkeit gedehnt zu sein. Und auch der Raum bleibt undefiniert. Nie kommt der Beckenrand in Sicht oder ein anderer Schwimmer. Selbst auf den Ton, auf die Anfeuerungsrufe oder Pfiffe, auf die typischen Badegeräusche hat die Künstlerin bei ihrer Videoinstallation verzichtet. Der Betrachter erhält weder einen Anhaltspunkt für das Verstreichen der Zeit noch einen solchen für die räumliche Ausdehnung. Die Schwimmerin und das Wasser: eine Verbindung, die durch nichts gestört wird, die fast einen meditativen Charakter ausstrahlt. Der Mensch wird wieder eins mit dem lebensspendenden Element. Doch in jeder Sekunde ist gleichzeitig bewusst, dass diese Rückkehr nur eine zeitlich begrenzte sein kann. Luft, aber auch Kraft, Entschlossenheit und Ausdauer sind nötig, um es mit der fremdvertrauten Materie aufzunehmen.

Jedes Jahr wieder verfolgen Millionen von Fernsehzuschauern die Übertragung der Tour de France, sehen die Duelle der Fahrer, konzentrieren sich besonders auf ihren Favoriten und die Leistungen seiner Helfer und seines Teams. Die gesamte Tour wird begleitet von unzähligen Kameras aus der Luft, am Strassenrand, in Autos, auf Motorrädern und an der Zielgeraden. Der Zuschauer befindet sich mal mitten im Fahrerfeld. Dann wieder sieht er einzelne Fahrer frontal auf sich zukommen, dann wieder wird die Menge am Strassenrand eingeblendet. Zeitlupenaufnahmen wechseln mit solchen in Realzeit. Mit diesen zahlreichen Nahaufnahmen und Perspektivwechseln bleiben die Stunden zwischen Start und Ziel spannend und unterhaltsam. Aber Roderick Buchanan schneidet in seiner Videoarbeit „Pleloton“ (9) gerade diese Stellen heraus und zeigt nur jene Fernsehbilder, in denen das Hauptfeld aus der Vogelperspektive zu sehen ist. Obgleich sich der Betrachter gerade in diesen Aufnahmen sehr weit von den Fahrern entfernt, wird erst auf diese Weise bewusst, welche Anstrengung die Fahrer leisten – und zwar auch jene, die selten oder nie in den Fokus der Kameras geraten. Der Betrachter bekommt eine Ahnung von der Monotonie der gesamten Tour und der Ausdauer der Fahrer.

Wettkämpfe werden nicht nur aufgrund von Ausdauer und Kraft entschieden, sondern auch ganz wesentlich durch Taktik. So studieren Boxer intensiv die Schläge und Bewegungen wichtiger Gegner, um richtig parieren zu können. Stefan Banz hat sich bereits in Kindertagen für den Boxsport interessiert und insbesondere die Kämpfe Muhammad Alis verfolgt. Die von dem legendären Schwergewichtsmeister ausgehende Faszination, seine über alle Gesellschaftsschichten und Grenzen hinausgehende Popularität nicht nur als Sportler, sondern auch als Symbolfigur für selbstbewusste Minderheiten spiegelt sich in Banz’ Serie „The Muhammad Ali’s“ (8). Der Künstler bat Freunde und Bekannte vor einer Kamera eine Boxhaltung einzunehmen. Die einen mimen einen Siegertyp, andere Verteidigungsposen und wieder andere Angriffsschläge. In der individuellen Umsetzung der vom Künstler gestellten Aufgabe zeigt sich viel mehr als die blosse Imitation einer vom grossen Sportidol abgeschauten Geste. Jeder der Porträtierten entblösst im Grad seiner Identifikation sehr persönliche Eigenheiten: Er versucht für die Kamera ein anderer zu sein und zeigt dadurch nur um so deutlicher sich selbst.

Kristin Schmidt Pressetext

only in german

Dialog . Move your Body! Stretch your Mind!

mit Stefan Banz, Heike Baranowsky, Roderick Buchanan, Benita & Immanuel Grosser, Tracey Moffatt, Eddy Risch, Uri Tzaig

Begleitprogramm
28.10. - 31.10.2004 Klassische Yogalektionen in Theorie und Praxis mit Benita & Immanuel Grosser