press release only in german

Vom 15. Juli bis 18. September 2005 zeigt das Kunsthaus Zürich als erstes Museum die aussergewöhnlichen Fotografien des tschechischen Künstlers Miroslav Tichý (*1926). Im freiwillig gewählten kulturellen und sozialen Abseits schuf Tichý zwischen 1960 und 1990 mit selbst gebauten Kameras ein hochoriginelles fotografisches Werk von verblüffender formaler Qualität. Sein Thema: die Anmut der weiblichen Figur.

Im Kunsthaus Zürich werden etwa 110 Arbeiten Miroslav Tichýs aus den Jahren 1960 bis 1990 zusammengeführt. Es ist die erste Einzelausstellung dieses Künstlers. Sie wird von Tobia Bezzola kuratiert.

Tichý lebt seit seiner Geburt (1926) in einer Kleinstadt in Mähren. Nach einer Ausbildung an der Prager Kunstakademie begann er in den späten 40er Jahren eine viel versprechende Karriere als Maler und Zeichner. Die totalitären Verhältnisse und persönliche Erlebnisse entfremdeten ihn jedoch bald der offiziellen Kultur. Tichý wandte sich der Fotografie zu.

MOTIVE UND ARBEITSWEISE Den grössten Teil seiner fotografischen Ausrüstung bastelte er sich aus Konservendosen, Brillengläsern und Holzkisten mit viel Geschick und Fantasie selbst. Über Jahrzehnte hinweg machte Tichý jeden Tag über 100 Fotografien. Seine Arbeitsweise entsprach allerdings kaum konventionellen künstlerischen Gepflogenheiten. Vielmehr begleitete er mit seinen Kameras den Tagesablauf des weiblichen Teils der Bevölkerung seiner Stadt. So entstanden Tausende von Fotografien von Frauen: Frauen auf dem Markt, im Schwimmbad, bei der Arbeit, in Lokalen, auf der Strasse und auf öffentlichen Plätzen. Alsdann bestimmte Tichý mittels eines ebenfalls selbst gebauten Vergrösserungsapparats sorgfältig die Ausschnitte und überarbeitete seine Abzüge teilweise zeichnerisch; er kolorierte oder retuschierte diese und setzte sie zum Teil in individuell handgefertigte, bemalte Passepartouts ein.

Die Tatsache, dass Tichý sein gesamtes fotografisches Handwerkszeug (von den Filmen abgesehen) aus einfachsten Materialien selbst baute, die Fotografie gewissermassen für sich noch einmal erfand, erklärt sich wohl zum Teil aus schierer materieller Notwendigkeit, bringt aber auch einen unbeugsamen Willen zur völligen künstlerischen Autonomie gegenüber der totalitären Gesellschaft, in der er lebte und die seinem Schaffen nur Gleichgültigkeit oder Spott entgegen brachte, zum Ausdruck.

FILM-DOKUMENTATION Sein ehemaliger Nachbar, der heute in Zürich lebende Künstler und Psychiater Roman Buxbaum, hat Miroslav Tichýs Leben und Werk seit 20 Jahren fotografisch und filmisch dokumentiert; er bereitet zur Zeit ein Film-Porträt über den Künstler vor, das zur Ausstellung Premiere feiern wird.

Zur Ausstellung erscheint im Verlag DuMont die erste Monographie über Miroslav Tichý, mit Beiträgen von Tobia Bezzola und Roman Buxbaum.

Pressetext

only in german

Miroslav Tichy
Kurator: Tobia Bezzola