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Fabrikruinen, von Büschen und Bäumen überwuchert, einsame Straßen, die durch ausgestorbene Wohngebiete führen: Das Stadtbild Detroits oszilliert zwischen der nackten Bankrotterklärung wirtschaftlichen Wachstumswahns und romantisch verklärter Erhabenheit. Die einstige Autostadt ist zu einer postindustriellen Ikone der Vergänglichkeit geworden.

"Urban prairie" wird das verlassene Terrain genannt. Das perfekte Milieu für die junge Künstlergeneration, die in die verlassenen Werkshallen eingezogen ist. Es sind diese postapokalyptischen Cowboys in der urbanen Prärie, die seit einiger Zeit die amerikanische Kunstszene aufmischen. Michael E. Smith ist einer von ihnen.

Smith, 1977 geboren, bedient sich der Materialien, die er in seiner direkten Umgebung findet: eine Satellitenschüssel, ein Stück Gartenschlauch, eine kaputte CD. Überreste, den er in Skulpturen, Bilder, Videoloops oder Installationen verwandelt. Er macht Bilder, indem er T-Shirts in schrundiges Kunstharz gießt, und er schafft Skulpturen, indem er das Bein einer alten Trainingshose ausstopft oder einen Unkrauttrimmer in Haferbrei tunkt. Manchmal sind die ursprünglichen Fundsachen nicht mehr erkennbar, sondern zu amorphen Klumpen verformt. Dennoch geht Smith stets respektvoll, fast behutsam mit seinen Materialien vor. Er reagiert auf die Ausstrahlung dieser nutzlos gewordenen Relikte und macht sie zu autonomen Wesen, die seltsam dysfunktional, aber mit einer eigenen, starken Identität auftreten. Auratisch und sympathisch wie zum Beispiel die Bündel blauer Kugelschreiber, die von einer hingerotzten Schmiere aus Polyesterharz zusammengehalten werden.

Man könnte den Eindruck haben, Smith spüre in seinen Arbeiten dem Abstieg Detroits nach. Doch das ist zu kurz gegriffen. Vielmehr dient das überall spürbare Werden und Vergehen in dieser Stadt als pulsierender Taktgeber seiner Arbeit – und spiegelt den künstlerischen Schaffensprozess. Detroit ist ihm Inspiration, nicht Motiv.

Smith ist – auch hier ist das Thema Rhythmus von großer Bedeutung – ein Meister darin, Räume zu bespielen. Und er begreift es als wichtigen Teil seiner Arbeit, die Werke zu arrangieren, sie miteinander und mit ihrer Umgebung agieren zu lassen. Flash Art schreibt, Smith sei ein Künstler, "who can fine-tune the dynamics of a space". Dabei sind es äußerst spärliche Setzungen, mit der er dieses Fein-Tuning erreicht. Setzungen, die manchmal fast beiläufig erscheinen und die doch – gestützt durch ein ausgeprägtes Gefühl für die räumliche Situation – präzise orchestriert sind.

Auch im Ludwig Forum wird Michael E. Smith seine Arbeiten, die er in Detroit für die Ausstellung in Aachen angefertigt hat, selbst installieren. Eine besonders interessante Aufgabe, hier, in einer ehemaligen Schirmfabrik.

Michael E. Smith 1977 in Detroit geboren, wo er lebt und arbeitet. Von 2004 bis 2006 studierte er am College for Creative Studies (CCS), ebenfalls in Detroit. Im Jahr 2008 schloss er sein Kunststudium bei Jessica Stockholder am Department for Sculpture an der Yale University ab. Seither lehrt er an der CCS. Smith ist in Deutschland durch die Galerie KOW in Berlin vertreten.

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Michael E. Smith
Kuratorin: Anna Sophia Schultz