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Anhalonium lewinii lautet der lateinische Name einer mexikanischen Kakteenart, die mit Kunst nicht direkt was zu tun hat. Immerhin klingt darin der Begriff des Inhalierens an und dieses wiederum tun die Mescalieros mit allen möglichen Arten von Drogen, vornehmlich mit den Dämpfen aus Farbtuben, Bindemitteln, Spraydosen und Farbkübeln. Die Anwendungen werden seit Generationen einander weitergegeben und gehen historisch gesehen, vermutlich auf Obelix zurück, der zu viel Zaubertrank abgekommen hat, was zu einer aussergewöhnlichen Kreativität führte, die in einer exzessiven Hinkelstein-Produktion mündete.

Siegfried Anzingers "Sitzende" ist zwar als Frau in türkisem Umfeld zu erkennen, es bleibt aber unbestimmt, welche Handlung sie vollzieht, wie sie gekleidet ist und welche Haltung sie einnimmt. Die partielle Vernebelung scheint ganz bewusst gewählt, trägt er doch so zu einer interpretatorischen Verunklärung bei.

Herbert Brandl und Leiko Ikemuras Arbeiten verstärken diesen schwebenden Zustand. Während bei Brandl die Cyruswölkchen zu spüren sind, die nach einem schweren Gewitter am Abendhimmel auftauchen, scheinen die Farben bei Ikemura wie farbige Daunenfedern auf dem Bildträger gelandet zu sein. Obwohl sich diese hauchdünn überlagern und sich zu einer tiefleuchtenden Oberfläche verweben, könnten sie jeden Moment von einem Windstoss wieder weggetragen werden. Ähnlich ergeht es einem bei den Arbeiten von Frances Scholz. Die Farbtupfer sind ganz leicht aufgesetzt und tun so als weigerten sie sich, sich mit der Bildoberfläche zu verbinden. Und in der fünfteiligen Arbeit in gelbgrünen Tönen ist das verbindende Netz bereits gerissen und droht von lustig springenden Wellen davon getragen zu werden.

Die Wirbellinien von Markus Gadient und Noori Lee holen uns noch rechtzeitig zurück und verstricken uns in ein widersprüchliches Gewirr von Linien, Ästen, Quallenfäden und Erinnerungen, sodass nicht klar ist, ob die alten Eichen auf Schloss Wildenstein nun wirklich noch existieren und die rote Kommode nicht vielleicht doch aus der Wohnung des Teufels stammt. Der Rausch verliert die Wirkung, der Kopf wird schwer und dann taucht das eigene Portrait auch noch im Bild auf. Lori Hersbergers spiegelnde Arbeiten scheinen uns vollends um den Verstand zu bringen, einzig die farbenen Linien und Punkte treten aus dieser Reflexion so gestochen heraus, dass man glaubt, sich daran halten zu können. Etwas wacklig steht man so vor Hanspeter Hofmanns Arbeiten und freut sich über den schwarzweissen Kontrast, der einem wieder festen Boden unter den Füssen verleiht, wären da nicht die wilden Linien, die wie Kringel und Wasserperlen sich zu bewegen beginnen und so tun, als möchten sie aus dem Bild heraus purzeln.

Und dann noch Hans Richard. Hat er von den rauschhaften Zuständen nichts mitgekriegt? Mit breiten unterschiedlich farbigen Linien bahnen sich Streifen in der Landschaft ihren Weg. Mal sind sie statisch und mal scheint das Ganze wie bei einem Erdbeben aufzubrechen. Und immer ruhen sie in sich und bringen den Betrachter nach dieser Achterbahnfahrt durch die Malerei und ihren betäubenden Dämpfen wieder heil zu Boden.

S. Agricaliero Pressetext

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"Mescalieros", Eine Malerei - Ausstellung

mit Siegfried Anzinger, Herbert Brandl, Leiko Ikemura, Markus Gadient, Lori Hersberger, Hanspeter Hofmann, Noori Lee, Hans Richard, Frances Scholz