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prison et paradis salon et communisme gilmore girls

… die Geschichte der Frauen, die die Nacht an Stangen tanzend überleben … die Geschichte der Dekadenz der décadence und traditionellen Neuerfindung der FigurMalerei

Bereits in den paradoxen, lautmalerischen Motti, mit denen Matthias Schaufler seine aktuelle Ausstellung und damit die jüngsten Werkgruppen seiner Zeichnungen und Gemälde versieht, klingen Bilder und Begriffe an, die Sinnsplitter aus unterschiedlichsten Gedanken- und Lebenssphären zusammenbringen.

Stärker denn je sind die aktuellen Arbeiten in ihrem Thema wie in ihrer Formorganisation vom Prinzip der Collage bestimmt. Stärker denn je führt dies zu tiefgreifender Irritation des Betrachters, insofern das zentrale und derzeit unverhohlen dominante Motiv der Werke nun das Abbild des Menschen ist, die Figur im Interieur zumeist.

Die menschliche Figur war in Schauflers Arbeit immer schon auf die eine oder andere Weise anwesend, jedoch vormals stärker eingebunden und verpuppt in dichte, diffuse Farbschichten, in Formschleier, in metamorphotische Körpermetaphern.

Präzise konturiert, tritt sie nun ostentativ und mit Grandezza in den Vordergrund, produziert sich in überreizten, übersteigerten Bewegungen, bietet sich in Posen dar. Nicht zufällig entstammen die Motive zumeist der Welt des Bühnentanzes, ein Thema, auf das der Künstler bezeichnenderweise durch die Lektüre von Ballett-Rezensionen aufmerksam wurde.

So gibt er nun das Bildpersonal in Form von wirbelnden, ort- und schwerelosen Gliederkonglomeraten. Erst bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass die multiplen Körpermodule von höchst unterschiedlicher Provenienz sind. Mit der Aufnahme von Vorlagen aus der Kunstgeschichte, aus den Werkreproduktionen des Feuilletons und insbesondere aus den Modefotografien der zeitgenössischen Hochglanzmagazine reflektiert er die Geschichte und das Wesen der abendländischen Körperdarstellung.

Sein Thema ist der Mensch, der sich selbst als Erblickten weiß, der jede seiner Bewegungen nur um des Betrachtet Werdens willen ausführt, der „Exhibitionist“. Um ihn als Gegenstand der Anschauung, als ephemeres Seherlebnis, ja als visuelles Spektakel zu inszenieren, erfindet Schaufler neue Gestaltungsmodi.

In den Zeichnungen, die als Abfolge, als Momente einer Erzählung gelesen werden wollen, ist die Erscheinung der Körper durch das Pausverfahren weitgehend entwirklicht und entkörperlicht - und die Figur damit in all ihrer Trivialität wie inwendig erschaut, wie halluziniert; ein sampling visueller Impulse entfaltet sich auf dem Blatt, ein Stelldichein von schemenhaften Wiedergängern, die aller „Stimmung“ und jeder Verankerung in der vermeintlich so vertrauten Lebenswelt entkleidet sind. Die Kombination für sich durchaus unbrisanter Motive führt letztlich zu drastischen, verstörenden Körperbildern.

Mit dem nur unvollständig vollzogenen Durchpausen der Vorlagen gewinnt Schaufler ein vorab nicht sicher zu berechnendes Bild des Abbilds eines Abgebildeten.

Die einzelnen Motivquellen, übereinandergeblendet und divergierend in Maßstab und Ausrichtung, können zudem in unterschiedlichen Farben ihren Niederschlag auf dem Zeichenblatt finden. Unabhängig von der Vorlage jedoch zeigen die Liniensegmente des durchgepausten Motivs den für Schaufler so bezeichnenden, vermeintlich unbestimmten, fast anarchischen Duktus. Nachträgliche Manipulationen nimmt der Künstler, wie bereits in früheren Arbeiten, auch durch das Einbeziehen deckender weißer Mittel vor. Die in den aktuellen Arbeiten jedoch nur unzureichend deckenden Bereiche von weißer Ölfarbe markieren keine Akzente im Sinne der Körperschilderung, keine Höhungen eines zu modellierenden Leibes, sondern intensivieren mit ihren fettig verlaufenden Säumen noch das befremdliche Verwirrspiel von Linie, Figur und Raum.

Pressetext

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Matthias Schaufler