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Eröffnung: 8. November, 19.00 Uhr

Pressetext:

Die Paralleluniversen des Matt Mullican entstehen seit den frühen 70er Jahren als soziologische Anthropologie unterbewusster Alltagsprozesse. Im Mittelpunkt seines Werks steht die Systematisierung, Strukturierung und Ordnung persönlicher Weltsichten, die sich zwischen Subjekt und Objekt, zwischen persönlicher und universeller Weltanschauung bewegen. Mullicans Werke kreisen um die Wahrnehmung als unbewusste Interpretation der sinnlichen Rezeption der Realitäten.

Als Legastheniker versucht Mullican der Sprache über ihren Code hinaus Bedeutung zu geben und jenseits der Schrift durch den Gebrauch von Bildern Transparenz zu verleihen. Das Verhältnis von Zeichen und Bezeichnetem, die Beziehung von Wort und Bild, überhaupt der Realitätsgrad des Bezeichnens, ist Gegenstand seiner Arbeiten.

Die von ihm entwickelten Piktogramme, die Icons, sind konsequente Medialisierung und Umdeutung zeichenhaft verkürzter Kommunikationsmittel – so wie Schrift auch als Kodierung von Kommunikationsprozessen fungiert.

Der mehrfache documenta Teilnehmer Mullican entwirft seine Kosmologie als stellvertretendes Modell für unsere Lebenswelten und als exemplarischen Versuch aus einer subjektiven Sicht heraus ein übergreifendes Weltmodel zu entwickeln und diesem künstlerisch Gestalt zu verleihen. Dabei ist sich der Künstler über den emotionalen Ursprung seiner in verschiedensten Medien und Materialien entstehenden Kosmologie bewusst. Entwicklungstypologisch nicht einzuordnen, fügt er dem seit seinem Studium bei John Baldessari entworfenen imaginary universe neue Details dazu. Mit der Untersuchung der Konstruktionsprozesse der uns umgebenden Welt von Bildern und Zeichen unterminiert er monokausale Deutungsmuster, lineare Zusammenhänge und demontiert teleologische Erwartungen.

Eine labyrinthische Architektur mit farbig bemalten Mauern ist in der Galerie installiert, in welcher die unterschiedlichen Kosmologieebenen, durch die von ihm entwickelte Farbenlehre repräsentiert, miteinander verschränkt werden. Innerhalb des Modells fungiert die Farbe Grün für die Ebene der Materie (physical elements), Blau für Welt der Gegenstände (world unframed), Gelb für Welt der kreativen Kräfte und Künste (world framed), Schwarz und Weiß für Zeichen und Begriffe (language) und Rot für die Sphäre der geistigen Kräfte (subjective meaning). Die einzelnen Kosmologieräume werden mit teils unter Hypnose entstandenen Modellen automatisierter Handlungsabläufe bespielt. Räumliche Modelle wie Zinnskulpturen, beschriftete Leinwände etc. machen verästelte Unterkategorisierungen auf, die in ihrer Detailhaftigkeit ganze Tagesabläufe, Menükarten oder unbewusste Gefühls- und Denkprozesse nachvollziehen.

Mullican arbeitet mit den Methoden der enzyklopädischen Kategorisierung und der Archivierung, durch die Überstülpung dieser Konzepte auf andersartige Strukturen werden diese sichtbar gemacht. Archetypische Themen wie Himmel, Gott, Leben, Schicksal, Materie und Geist, Tod und Hölle stehen wertfrei nebeneinander und erfahren keine moralische Bewertung.

In seiner Komplexität enthält Mullicans Werk ein tragisches Moment, in dem vergeblich bleibenden Versuch die Welt zu klassifizieren.

Text: Rebecca Harms, Irene Kari

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Matt Mullican
Georg Kargl Fine Arts