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Eröffnung: Freitag, 6. Februar, 20 Uhr

Die Ausstellung der Künstler MATHIAS POLEDNA (1965 in Wien, lebt in Los Angeles) und CHRISTOPHER WILLIAMS (1956 in Los Angeles, lebt in Los Angeles und Köln und ist seit 2008 Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf) steht in einer Reihe, die der Kunstverein mit dem Projekt von JONAS DAHLBERG und JÁN MANČUŠKA (2005) begonnen hat. Die Künstler sind eingeladen, sich auf einen künstlerischen und intellektuellen Dialog einzulassen, der im Kunstverein vermittelt wird. POLEDNA und WILLIAMS verfolgen einen streng (post-)konzeptuellen Ansatz, bei dem sie die Bedingungen von Präsentation und Repräsentation, die vermittelte Wahrnehmung und wirklichkeitstreue Wiedergabe von Realität hinterfragen. Die Thematisierung der Autorenschaft sowie das Sichtbarmachen der Produktionsbedingungen sind zentral in ihrem Werk. So ist es nur folgerichtig, wenn die Künstler gemeinsam eine Ausstellungskonzeption verfolgen, in der sowohl die eigentliche Entstehung der Ausstellung wie auch ihre Rahmenbedingungen im Fokus stehen.

In der Ausstellung werden unterschiedliche, flexible Wandelemente von Ausstellungshäusern aus der Umgebung präsentiert. Gleichsam als großformatige Skulpturen ausgestellt, verweisen die jeweiligen Architekturfragmente auf die zahlreichen, unterschiedlich ausgeprägten Ausstellungshäuser im Rheinland. Das Wandsystem stellt jeweils das leitende architektonische Motiv einer Institution dar: Es bildet das Skelett, die grundlegende Struktur, in der sich ein jedes künstlerisches Werk für eine Ausstellung einpasst.

Mit dem Fokus auf flexible Wandsysteme werden grundlegende Fragen nach den Modalitäten einer Präsentation aufgeworfen. Auf welche Art und Weise wird aus welchem Grund etwas ausgestellt? Neben den vielfältigen Bezugssystemen, die gerade auch durch die Ausstellungsarchitektur geschaffen werden, interessieren sich POLEDNA und WILLIAMS auch für die weitreichenden, bis heute wirksamen sozialen Implikationen der historischen Moderne. Hier nun steht nicht nur die Architektur als Mittel einer bestimmten Raumerfahrung im Zentrum, sondern auch ihr gesuchter flexibler Charakter. In „The Corrosion of Character“,1998) weist der Soziologe Richard Sennett „Flexibilität“ als das Zauberwort eines globalen Kapitalismus aus, dessen Gesellschaftsordnung dem menschlichen Bedürfnis nach Stabilität grundlegend widerspricht und dessen Folgeerscheinungen gerade in der tiefen Erschütterung einer Finanzkrise sichtbar werden.

"Die Wand ist keineswegs der kleinste gemeinsame Nenner in den Arbeiten von Mathias Poledna und Christopher Williams. Sie überschneiden und begegnen sich in der jeweiligen Form der Bildproduktion. Doch stellt der Bezug zur Wand, auf der eine Fotografie hängt, ein Film projiziert wird oder die einfach einen Raum teilt, begrenzt oder definiert, einen entscheidenden Aspekt beider Arbeiten dar. Im konzeptuellen Selbstverständnis der sechziger und frühen siebziger Jahre wurde die Wand als entscheidendes Element des „Framings“ eines Ausstellungsorts verstanden, an dem dessen architektonische, gesellschaftlich-institutionelle und ökonomische Bedingungen ablesbar werden. War jedoch für Künstler dieser Generation eine Verschiebung vom Werk zum Kontext konstitutiv, in der die Geste der Lenkung der Aufmerksamkeit auf den Rahmen des Ausstellens selbst mit dem Verzicht auf ein Werk innerhalb dieses Rahmens einherging, steht der Rahmen hier in einem speziellen Austauschverhältnis zum Werk, das wiederum erst im Austausch mit seinen Rahmenbedingungen zu einem solchen wird. Die einzelnen Aspekte der Arbeit erschließen sich von den inhaltlichen Momenten über die Modalitäten der Aufnahme, der Rahmung und der Präsentation in Referenzketten, in denen die Wände eines Raumes jeweils nur ein Element unter vielen sind. Diese Wände als ein solches Element zu isolieren kehrt die Bewegung vom Werk zum Kontext um. Nicht nur, weil den Wänden in ihrer Zur-Schau-Stellung skulpturale ebenso wie bildhafte Eigenschaften zuschreibbar werden, sondern weil in der Kette der Referenzen der Kontext prinzipiell gar nicht mehr vom Werk abtrennbar ist. Gleichzeitig indizieren die Wände nicht mehr direkt die gesellschaftlichen Bedingungen, wie sie dies gerade nur durch die historisch spezifische Geste der Abwesenheit eines Werks vermochten. Statt dessen verweisen sie auf die archivarisch-typologischen und damit historischen Bedingungen des Ausstellens selbst. Die Abwesenheit von Bildern in dieser Ausstellung kündigt daher keineswegs einen weiteren Ausstieg aus dem Bild an. Die Bilder bleiben präsent, auch wenn sie nicht zu sehen sind. Was sich löst, das ist der enge konzeptuelle Zusammenhang von Bild und Rahmen, Werk und Kontext. Erst in dieser Öffnung werden die Wände selbst als historisch geprägte Bilder lesbar."

Helmut Draxler, 2009

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"The wall is not the lowest common denominator in the works of Mathias Poledna and Christopher Williams. They overlap and meet in their respective mode of image production. But their relation to the wall on which a photograph is hung, a film is projected or which simply divides or defines the room is a crucial aspect of both their works. The conceptual self-image of the sixties and early seventies saw the wall as an essential element of a showroom’s “framing”, putting its architectural, social institutional and economic conditions on display. The shift from work to context was elementary for that generation’s artists, and the gesture of steering the attention towards the framework of exhibiting itself could even mean abandonment of the artwork within that framework. Here, however, the frame and the artwork exist only in exchange with each other, and it is this relationship which turns the work into a piece of art. The work’s individual aspects become accessible, from subject matter through photographic mode, framing and presentation in strings of reference, in which the walls of the room are only one of many elements. In isolating the walls as one of these elements, the flow from work to context is reversed. Not only because the walls, when on display, take on sculptural and pictorial qualities, but because the context is inseparably tied to the work by the string of references. At the same time the walls don’t directly index the social conditions the way they only could through the historically specific gesture of the work’s absence. Instead they point to the archival-typological and, for that reason, historical conditions of exhibiting itself. The absence of pictures in this exhibition in no way signifies further abandonment of the picture. Even though the images cannot be seen, their presence remains palpable. The conceptual connection between image and frame, work and context, however, is loosened. Only through this opening, the walls themselves can be read as historically shaped images."

Helmut Draxler, 2009

Die Ausstellung Mathias Poledna / Christopher Williams ist gefördert durch die Kunststiftung NRW