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Markus Döbeli, geboren 1958, lebt und arbeitet in Berlin und Luzern.

Die Anzahl der Bilder in der Ausstellung ergibt sich aus der Anzahl von Räumen der Galerie Isabella Czarnowska: In jedem Raum wird jeweils genau ein Bild gezeigt. In dieser Aufteilung der Bilder auf die verschiedenen Galerieräume spiegelt sich die maßgebliche Eigenschaft der Malerei von Markus Döbeli wider, für den sie einen singulären, keiner Regel gehorchenden und durch nichts zu ersetzenden Akt darstellt. Seinem Schaffen sind Vorstellungen wie die eines Stils oder einer malerischen Signatur fremd. Es beruht weder auf einer individuellen Idee noch auf einem spezifischen Malprozess und unterläuft auf diese Weise das Modell einer subjektiven Handschrift einerseits, das einer systematisch-methodischen Produktion andererseits. Seine Bilder gleichen Ereignissen; sie sind diskontinuierlich, nicht festzulegen, einmalig und eröffnen eine räumliche und zeitliche Erfahrung ganz eigener Art.

Auch wenn sich Döbelis Malerei den kategorischen Vorgaben der abstrakten Malerei unterzuordnen scheint – ihrem Antiillusionismus, ihrer Flächigkeit, ihrem Verzicht auf eine hierarchische Komposition – lässt sie sich keineswegs mit einem Label wie „Revision der Moderne“, „Neue Abstraktion“ oder „Rückkehr zur Malerei“ fassen. Seine Bilder sind weder Kritik noch Hommage, weder Dekonstruktion noch nostalgische Reminiszenz. Döbelis Malerei stellt eine Ar t Phasenübergang dar und konfrontier t uns mit einer unbestimmten stofflichen Zustandsform. In seinen Bildern erkundet er den beständigen Wandel des chemischen Aggregatzustands der Farbe. Mal fließt sie, so etwa in den Farbströmen, die sich über die Oberfläche der Leinwand ergießen, mal scheint sie zu verdampfen, wenn sie von der Leinwand in den Raum hinein abstrahlt, und dann wieder zu erstarren, indem sie in das Leinwandgewebe eindringt. Dabei bedient sich Döbeli bei seinen Bildern ganz verschiedener Formen des Farbauftrags, ob deckend, wie ein Schleier oder zerbrechlich; die Farbe wird geschüttet oder gestrichen, sie verweht auf der Leinwand oder flutet sie, was zu jeweils ganz eigenen strukturellen und topografischen Effekten führt.

Beispielhaft lässt sich Döbelis Farbbehandlung an dem Gemälde Painting, 1999, Acr ylic on Canvas, 320 Å~ 350 cm erkennen, dem ersten Bild der Ausstellung, das meist als „Das Rote“ bezeichnet wird. Die roten Farbschlieren in der unteren Hälfte des Gemäldes sowie links oben verweisen auf die Sphäre des Flüssigen, zugleich jedoch erinnern sie an lose Saumfäden und lassen somit an die Fädchen des Leinwandgewebes und die Haare des Pinsels denken, mit dem das Bild gemalt wurde. Im Mittelpunkt von Painting, 1999 stehen nicht allein die chemische Beschaffenheit der Farbe und der materielle Maluntergrund, vielmehr wird das feste Gewebe der Leinwand aufgetrennt und die Fäden erscheinen herausgelöst aus ihrem Gefüge als einzelne ungebundene Elemente. Nicht zuletzt zeichnet die Malerei von Markus Döbeli aus, wie er die optischen Qualitäten von Licht und Farbe ausreizt. Die chromatische Strahlkraft seiner Gemälde verleiht ihnen etwas Immaterielles, was auch mit ihrem unbestimmten Aggregatzustand zusammenhängt. Die Bilder oszillieren zwischen Sublimierung und Entsublimierung, Farbe und Material, schwereloser Bildkraft und erdverhafteter Körperlichkeit.
Ory Dessau