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„Living With Art“ ist der erste Teil einer Ausstellungstrilogie in der Galerie Reinhard Hauff, in der die Galerieräume in einen surrealen Wohnraum verwandelt werden, in dem jedes architektonische oder dekorative Detail ein Doppelleben als Kunstwerk und Designobjekt führt. In der Ausstellung werden Arbeiten aus dem Zeitraum von 1980 bis heute präsentiert, die den rein ästhetischen und formalen Stellenwert des Kunstwerks in eine funktionale, nützliche und praktische Sphäre überführen – und vice versa – und damit den Status des Objekts durch das visuell in Dialog treten mit anderen Arbeiten, die in dieser imaginären Wohnlandschaft zu sehen sind, provokant hinterfragen. Das Thema der Aneignung ist der rote Faden in dieser Zusammenstellung an Arbeiten, die das absurde, spielerische und kritische Potential der Kunstwerke betont und damit ihren dadaesken Charakter ins Zentrum stellt. Die Künstler benützen Objekte entgegen ihrer ursprünglichen Funktion als Möbel und Memorabilia, indem sie ihnen eine neue Aufgabe zuteilen. Durch das Zusprechen des Status eines Kunstwerks wird der urspüngliche Nutzwert dieser Dinge teilweise geradezu pervertiert. Bei einigen Skulpturen, in denen Designobjekte verwendet werden, wie zum Beispiel in John M. Armleders Arbeit „AH (Enil Aekat), FS“ aus dem Jahr 2006, in der ein lederner Heberli-Stuhl mit einer monochrom silbernen Leinwand kombiniert wird, wird der ikonische Status der Objekte benutzt, um zur faktischen Benutzung des Objekts einzuladen, diese jedoch gleichzeitig auch vorzuenthalten. Das „Amazing“-Hochzeitskleid von Sylvie Fleury von 2001, das aus einer Performance stammt, in der das Kleid eine Rolle spielte, wird nun als Lichtskulptur präsentiert. Andere Arbeiten wie das „Multiple Clothing - Open System“ - Kleidungsstück des britischen Konzeptkünstlers Stephen Willats und „Phantom Audience“, eine Vodka-Skulptur von FOS, laden dahingegen zum Gebrauch ein. Künstler wie Richard Artschwager, Haim Steinbach, Sylvie Fleury und Josephine Meckseper werten banale und wertlose Dinge zu glamorösen Kultobjekten auf, indem sie sich einer Präsentationsform bedienen, die der szenografischen Inszenierung von Ladeninterieurs entnommen ist. Heim Steinbachs Arbeit „Untitled“ von 1986 wird dabei erstmals zusammen mit Josephine Mecksepers „Shelf No. 37“ von 2007 präsentiert. Beide Arbeiten stellen anhand der von ihnen zelebrierten Fetischisierung von Gebrauchsgütern die Frage nach dem Zusammenhang von Konsum, Politik und Mode im Kontext der Einrichtung. Das Arrangement aus Luxus-Einkaufstaschen von Sylvie Fleury wird in der Ausstellung kontrastiert durch Gregor Schneiders „Mattress No. 14 (Rheydt)“, 2008, das einen an Obdachlosigkeit und Entfremdung erinnert. Die Arbeit „Language/ Parole/ Fenster“, 1997 von Thomas Locher transformiert ein großes Fenster aus Aluminium in einen philosophischen/ psychologischen/ politischen Sprachfilter zwischen Innen und Außen. In Thomas Grünfelds farbenfroher Arbeit „Sineflam 3409“ von 1987 steht eine Pflanze als Platzhalter für den (abwesenden) Künstler auf dem Couchtisch. Ebenfalls eine Pflanze enthält auch Mark Dions Arbeit „Nursery“, 2007, die aus einem Kinderwagen besteht, in dem eine Zimmerpalme gesetzt wird. In der so genannten Kinderecke werden außerdem Martin Kippenbergers Kinderstuhl „Réservé“ von 1989 und die Arbeit „Noah“, 2006 des kanadischen Künstlerduos Hadley + Maxwell, die ihr Lieblingsspielzeug abbildet, von Matthias Megyeris „Sweet Dreams Security“ - Zaun umfriedet. „Diversions, Deviations, Disjunctions, Dissimmetries – Like or After ‚Double Self Portrait‘“ ist der Titel von Lasse Schmidt Hansens 2010 geschaffener Version des Stuhls, der in Jeff Walls berühmtem Selbstportrait von 1979, auf das der Titel der Arbeit anspielt, abgebildet ist. Die Arbeit steht für seinen künstlerischen Ansatz, bei dem wie in der Arbeit „Uro“, 2006 auf Einrichtungsgegenstände zurückgegriffen wird, die ihrer ursprünglicher Benutzung und Bedeutung entkleidet werden. Ebenfalls in „Living With Art“ vertreten ist eine Gruppe von Arbeiten, die sich auf Antiquitäten und altmeisterliche Malerei bezieht. Shannon Bools gewebter „Memling Carpet“, 2010 reproduziert das Muster eines orientalischen Teppichs, der in Hans Memlings „Blumen-Stillleben“ von 1490, das sich heute in der Thyssen-Bornemisza Sammlung in Madrid befindet, unter einer Vase mit einem Blumenstrauß auf einem Tisch liegend zu sehen ist. Die niederländische Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts ist die Vorlage für Pia Maria Martins dreiteilige Videoarbeit „Vivace“ von 2005, mittelalterliche Madonnenbildnisse sind Teil der Installation „The Figure“ von Hadley + Maxwell. Wie ihre Arbeit „Chinoiserie Panels for Dallas Dining Room“, 2006/ 2010 verbinden diese Arbeiten historische Objekte, Zeichen und Symbole mit neuen Inhalten. Die Grenzen zwischen Mode und Kunst verschwimmen in Josephine Mecksepers „Rug # 1“ von 2003, bei dem ein Teppich mit dem Muster eines Palästinenserschals den Boden bedeckt, genauso wie in Viron Verts „Aid Air Mail, Berlin Istanbul“, einem Seidenschal, der wie Megyeris Zaun schon bei Colette in Paris ausgestellt wurde und der sowohl ein intelligenten und stylischen Kommentar auf die Kopftuchdebatte als auch ein „must-have“-Modeassesoire darstellt. Der dänische Künstler Uwe Max Jensen verbindet in seinen „Lucio Fontana Cuts Transferred to a Shower Curtain“, 2003 zwei absolut beziehungslose ikonographische Symbole: Fontana und Hitchcock. In der Videoinstallation „Begin Again“, 2007 sieht man die berühmte amerikanische Performance-Künstlerin Joan Jonas mit verschiedenen Gegenständen und Spiegeln in ihrem Ferienhaus hantieren, Gegenstände, die sie sammelt und die sie in ihren Performances als Requisiten benutzt und die ihr häufig als Inspiration für ihre Arbeiten auf Papier dienen. Wolfgang Flads Holzskulpturen können als Skulptur und Möbelstück zugleich verstanden werden. Sie dienen als filigrane Tür oder als „Krisenstuhl“, 2012. Die in New York lebende französische Künstlerin Anne-Lise Coste macht ihre Position hingegen klar indem sie auf einer A4 - Zeichnungen von 2002 schreibt: „I‘m not a palm tree. I‘m not a design table. I‘m not a novel sentence.“ Die Galerie Reinhard Hauff dankt allen Künstlern, die an der Ausstellung teilnehmen, und den Galerien Andersen‘s Contemporary, Kopenhagen, Galerie Luis Campana, Berlin, Galerie Andrea Caratsch, Zürich, Galerie Mehdi Chouakri, Berlin, Galerie Michael Janssen, Berlin, Galerie Kadel Wilborn, Karlsruhe, Galerie Georg Kargl, Wien sowie Achim und Petra Kubinsky und Adnan Yildiz für ihre Zusammenarbeit und Unterstützung.

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„Living With Art“ at the Galerie Reinhard Hauff is the first in a series of three exhibitions converting the gallery space into a surreal domestic setting where every piece of furniture, every architectural or decorative feature leads a double life as art (artistic statement) and design object-Thing. Through pieces from 1980 until today which cross over from the purely aesthetic and formal art work status into the optionally functional, useful and practical – and vice versa – we engage with works which examine and redefine the status of the object in art as part of the creative process and interact in a provocative visual dialogue with other pieces cohabiting this imaginary domestic landscape. Appropriation runs as a red thread through most of the display, emphasising the absurd, the playful, the critical, the dada moment and spirit. Furnishing and memorabilia are created by artists who strip the found objects they incorporate as building material into their works of their usual purpose and give them a new job significance, perverting their use value while upgrading their status to Art. Some furniture sculptures, like John M. Armleder’s „AH (Enil Aekat), FS“, 2006, juxtaposing a leather Heberli chair with a monochrome silver coloured painting, employ icons of metro-chic status to invite – yet forbid – actual usage. The „Amazing“-wedding dress and coat by Sylvie Fleury, 2001, is now an electric light sculpture - a relic of a performance involving a dress. Other works like the conceptual dress „Multiple Clothing - Open System“, 1992, by British artist Stephen Willats, and the „Phantom Audience“ vodka dispenser sculpture by FOS encourage participation. Artists like Richard Artschwager and Haim Steinbach, Sylvie Fleury and Josephine Meckseper upgrade the banal and worthless to glamourised cult objects through boutique display scenography, as in Steinbach’s 1986 Shelf „Untitled“, here juxtaposed with Meckseper’s „Shelf Nr. 37“ from 2007. In these works, the fetishisation of goods and symbols provoke a critical discourse on the convergence of consumption, politics and fashion in an interior decoration context. Next to a group of Sylvie Fleury luxury shopping bags „Dallas“, 2012, Gregory Schneider’s „Mattress No. 14 (Rheydt)“, 2008, creates associations of homelessness and alienation. In „Langue/ Parole/ Fenster“, 1997, conceptual artist Thomas Locher converts a large window in aluminium frames to philosophical/ psychological/ political message filters between the interior and the exterior. Bright, coloured coffee table furniture pieces „Sineflam 3409“, 1987, by Thomas Grünfeld employ a living green plant, as a stand in for the (absent) artist. Mark Dion also uses plants in his horticultural sculpture „Nursery“, 2007, – a spectacular, fantastical object with a palm in a baby stroller. In a playful corner, Martin Kippenberger’s children’s chair „Réservé“, 1989, and the Canadian artist duo Hadley + Maxwell’s gigantic favourite-toy portrait „Noah“, 2006, are kept safe & sound with „Sweet Dreams Security“ fences by London based Matthias Megyeri, whose safety curtain is also on display. „Diversions, Deviations, Disjunctions, Dissimmetries, – Like or After ‚Double Self Portrait‘“, is a reference to a 1979 Jeff Wall image, and the title of Lasse Schmidt Hansen’s 2010 version of the armchair in the Wall piece. It sums up his artistic approach, where furniture pieces such as „Uro“, 2006, have been liberated from their original function or significance. A group of works in „Living With Art“ quote old master paintings and antiques: Shannon Bool’s „Memling Carpet“, 2010, woven to reproduce the oriental carpet visible on the table top in Hans Memling’s „Flower Still Life“, 1490, in the Thyssen-Bornemisza Collection, Dutch 17th century still lifes put back to life in Pia Martin’s 2003 video trilogy „Vivace“, and the medieval Madonna installation „The Figure“, 2010, by Hadley + Maxwell. Together with the 18th century style Chinoiserie Panels for „Dallas Dining Room“, 2006/2010, these works vest “Old” objects, signs and symbols with “New” content. Obfuscating the boundaries between art and fashion, Meckseper’s „Rug # 1“, 2003, covering the floor in a gigantic palestinian scarf carpet, takes a loaded symbol and reloads it, while Viron Vert’s „Aid Air Mail, Berlin Istanbul“, silk scarves contribute an intelligent and chic comment to the Muslim headscarf debate. Like Megyeri’s security fence, the „Aid Air Mail, Berlin Istanbul“ scarves were recently shown at Colette in Paris, and are a must-have fashion accessory. Controversial Danish artist Uwe Max Jensen cleverly combines two completely unrelated iconographic “symbols” – that of Fontana and Hitchcock – in a series of compositions titled „Lucio Fontana Cuts Transferred to a Shower Curtain“, 2003. In the table, chair and video installation „Begin Again“, 2007, by the acclaimed American multi-media and performance artist Joan Jonas, the artist is seen in her countryhome performing with various decorative objects and mirrors from her own collection – often used as props in her performances and as inspiration for her works on paper. Wolfgang Flad’s wooden sculptures are also furniture: A filigrane, polychrome door and the chair „Krisenstuhl“, 2012, but French New York artist Anne-Lise Coste makes her position clear in one of her watercolours on view which says: „I’m not a palm tree. I’m not a design table. I’m not a novel sentence“, 2002. The Galerie Reinhard Hauff wishes to extend a heartfelt thanks to all the artists participating in the show and to Andersen’s Contemporary, Copenhagen, Galerie Luis Campana, Berlin, Galerie Andrea Caratsch, Zürich, Galerie Mehdi Chouakri, Berlin, Galerie Michael Janssen, Berlin, Galerie Kadel Willborn, Karlsruhe, Georg Kargl Fine Arts, Vienna, Achim and Petra Kubinsky and Adnan Yildiz for their collaboration and support.