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Eröffnung am Freitag, den 14. März um 20 Uhr

Pressetext:

In seinen Reflexionen über die Gefahr, kennzeichnet Ernst Jünger den Bürger als jemanden, der die Sicherheit als höchsten Wert erkennt. Hierdurch grenze er sich ab von anderen Gestalten, etwa der des Kriegers, des Künstlers, des Verbrechers, denen „eine hohe oder niedere Beziehung zum Elementaren“ gegeben sei. Wie dies Elementare aussieht, versucht ein Bildband über den „Gefährlichen Augenblick“ deutlich zu machen, für den Jünger die Einleitung schrieb. Berichtet wird dort über Erdbeben, Schiffsuntergänge und Hochwasser, über Vulkanausbrüche, Attentate, Flugzeugabstürze und über aktuelle und gerade vergangene Kriege.

Erstaunlich ist, dass in diese Sammlung nicht die Begegnungen mit angreifenden, wilden Tieren aufgenommen wurden. Womöglich konnte der Käfersammler und Forscher Jünger diese Beziehung zum Elementaren nicht so recht ins Schema seiner kulturkritischen Kommentare einpassen. Für einige Künstler, die nach Jünger irgendwo zwischen Krieger und Verbrecher changieren, spielt allerdings jener „gefährliche Augenblick“ eine ihr Werk prägende Rolle.

Zu ihnen gehört die Malerin Lisa Endriss. Von der gegenstandslosen Kunst kommend, widmet sie seit einigen Jahren den Momenten ihre Arbeit, in denen die Ordnungen jener von Jünger genannten Sicherheit aus dem Lot geraten.

Ob es die Naturgewalt, die mit einem Erdrutsch Häuser aus ihren Fundamenten kippt oder ob es das Spiel mit ungezügelter Gewalt ist, das von mexikanischen Wrestlern als Kampf zwischen Gut und Böse inszeniert wird, - immer wird das Spektakuläre, das ans Katastrophale grenzt, von ihrem kühlen Blick als Verwandtschaft von Schrecken und Schönheit erfasst und mit lasierendem Farbauftrag festgehalten.

Dabei spielen die Tiere, genauer die handzahm gemachten wilden Tiere, eine besondere Rolle: als Abwehr-zauberwesen gegen die Schrecken der Fremdheit zwischen ihnen und uns. Das sind nicht die Weggefährten von Mowgli oder Tarzan, die als solidarische Schwestern und Brüder, oder als verfeindete Familienangehörige erscheinen. Das ist der Löwe, der Pfötchen gibt, das Krokodil, das nicht den Dompteur zermalmt, dessen Kopf in seinem Rachen ist, und das ist die Pythonschlange, die als Halswickel fungiert. Sie alle werden in den circensischen Darbietungen als Schausteller des Kraftlosen und Domestizierten vorgeführt.

In Lisa Endriss Bildern wird die hybride Gewissheit, dass alles den Menschen untertan sei, in matt schillernden Farben eingeschmolzen und unkenntlich gemacht.

Was bleibt, ist die Erkenntnis des schwerverletzten Tierbändigers Roy Horn aus Las Vegas, der nach einem Beißangriff seines Lieblingstigers lakonisch meinte: Auch Tiger haben schlechte Tage. (A.S.)

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Lisa Endriss
ODD STAGE