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Die Ausstellung "Kunst – Ein Kinderspiel" widmet sich der faszinierenden Welt der Kunst für Kinder. Mit 200 Exponaten von 40 Künstlern des 20. Jahrhunderts gibt die Ausstellung erstmals einen Überblick über die außerordentlich vielfältige und phantasievolle Kunstproduktion für Kinder. Vertreter der Wiener Werkstätte, des Bauhauses und der De-Stijl-Bewegung gestalteten zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue programmatische Kinderspielzeuge, der Architekt Bruno Taut entwickelte einen Glasbaukasten, Pablo Picassos Puppen für seine Tochter Paloma oder Alexander Calders Tiere aus Draht sind bildhauerische Meisterwerke im Miniaturformat. Das Architekten- und Designerpaar Charles und Ray Eames produzierte Kinderfilme, Andy Warhol realisierte eine Ausstellung speziell für Kinder. Tobias Rehberger hat im Auftrag der Schirn einen begehbaren "Wald" für Kinder geschaffen. "Kunst – Ein Kinderspiel" ist eine Schau für die ganze Familie, die auch in ihrer architektonischen Gestaltung auf die Bedürfnisse der Kinder eingeht: Eine Landschaft von Podesten unterschiedlicher Höhe bietet für Groß und Klein einen optimalen Blick auf die Werke. Im Rahmen des pädagogischen Programms der Schirn wird in Kinderstunden, Workshops und Schulklassenwettbewerben Kunst erlebbar gemacht und der eigenen Kreativität freier Lauf gelassen.

Max Hollein, Direktor der Schirn Kunsthalle: "Mit ‚Kunst – Ein Kinderspiel‘ greift die Schirn ein bisher vernachlässigtes Thema der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts in Form einer großen Überblicksausstellung auf. ‚Kunst – Ein Kinderspiel‘ ist eine Entdeckungsreise für Erwachsene und Heranwachsende durch die bisher kaum bekannte Welt der Kunst für Kinder. Die Ausstellung spiegelt aber auch wider, in welchem Maß Kunstwerke als Projektionsflächen für die jeweiligen Kindheitsvorstellungen der Künstler dienten."

Die intensive künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Spielzeug setzt zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein. Wichtige Voraussetzungen dafür schuf die auf Häuslichkeit ausgerichtete Bürgerkultur des Biedermeier, die das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern veränderte. Die Wünsche von Kindern wurden nun stärker wahrgenommen als bisher, Kinderzimmer, die lediglich als Schlafräume gedient hatten, verwandelten sich in Spielwelten. Der entscheidende Schritt zum künstlerischen Spielzeug jedoch gelang der Lebensreformbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie setzte sich für einfaches, kindgerechtes Spielgerät ein, das die Phantasie des Kindes anregen und seine technischen Fertigkeiten unterstützen sollte. Erstmals kam die Idee auf, derartiges Spielzeug von namhaften Künstlern entwerfen zu lassen, um bereits beim Kind die Schulung des Geschmacks zu fördern. Die Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst brachten 1902 als erste Firma Spielzeug auf den Markt, das von bekannten Künstlern wie Richard Riemerschmid oder gar Frank Wedekind gestaltet worden war.

Etwa zur gleichen Zeit beschäftigten sich auch in Wien namhafte Mitglieder der Secession und der Wiener Werkstätte wie Josef Hoffmann, Koloman und Ditha Moser, Franz von Zülow oder Dagobert Peche mit künstlerischem Spielzeug. Rund zwanzig Jahre später entwickelten Künstler des Bauhauses und der niederländischen De-Stijl-Bewegung künstlerisches Spielgerät unter pädagogischen bzw. funktionalistischen Gesichtpunkten. Die Bauhaus- und De-Stijl-Spielsachen unterscheiden sich grundlegend von den kunstvoll verzierten Gegenständen der Wiener Werkstätte. Mit ihren klaren geometrischen Formen und reinen Farben stehen sie für kindergerechte Einfachheit und eine zeitgemäße, industrienahe Gestaltung. Herausragende Beispiele sind die Kindermöbel des De-Stijl-Künstlers Gerrit Rietveld. Der Farbkreisel von Ludwig Hirschfeld-Mack, die Bau- und Steckspiele von Alma Siedhoff-Buscher oder die Kindermöbel von Marcel Breuer gehören zu den auch kommerziell besonders erfolgreichen Spielzeugkreationen des Bauhauses. Die Architekten, die sich 1919/1920 an den Rundbriefen der "Gläsernen Kette" beteiligten, entwarfen ebenfalls Spielzeug: Bruno Taut einen Glasbaukasten und Hermann Finsterlin ein die Postmoderne vorwegnehmendes Stil-Bauspiel sowie phantastisches Holzspielzeug.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Künstlergruppierungen, denen die Gestaltung von Spielzeug ein Anliegen war, seltener. Eine Ausnahme bildet die in den fünfziger Jahren in Mailand gegründete Firma Danese, die wiederholt künstlerische Spielzeugentwürfe von Bruno Munari oder Enzo Mari realisierte. Auch das amerikanische Ehepaar Charles und Ray Eames entwickelte künstlerische Spielsachen wie Kartensteckhäuser, Malbücher oder auch Filme für Kinder.

Das gesamte 20. Jahrhundert hindurch entwarfen Künstler jedoch auch Werke für ihre eigenen Kinder. Paul Klee schuf Handpuppen für seinen Sohn Felix, Lyonel Feininger schnitzte für seine Söhne die "Stadt am Ende der Welt", Otto Dix bescherte seinem Stiefsohn das "Bilderbuch Muggeli", und Pablo Picasso schuf in den fünfziger Jahren mit den Puppen für seine Tochter Paloma wahre Meisterwerke. Andy Warhol realisierte in den achtziger Jahren auf Anfrage des Kunsthändlers Bruno Bischofberger, der sich durch seine Kinder anregen ließ, eine Ausstellung speziell für Kinder, die in der Schirn erstmals nachgebaut wird. Das Besondere an der Ausstellung ist, dass Warhol sich nicht darauf beschränkte, Bilder für Kinder zu produzieren, sondern diese auch "kindgerecht", in Augenhöhe der Kinder, präsentierte.

Wie zeitgenössische künstlerische Produktion für Kinder aussehen kann, zeigen beispielhaft Werke von Reinhard Mucha, Günther Förg, Michel Majerus, Jorge Pardo und Rosemarie Trockel mit ihren funktionstüchtigen Autos für Kinder. Eine von der Schirn in Auftrag gegebene Installation von Tobias Rehberger lädt die Besucher im Rotundengang zu einem abenteuerlichen Spaziergang durch einen dichten bunten Wald aus zwischen Boden und Decke gespannten elastischen Bändern, in dem man sich leicht aus den Augen verlieren kann.

Das pädagogische Rahmenprogramm "Schirn Connected®" für Kinder und Eltern sowie für Schulklassen zu dieser Ausstellung ist besonders umfangreich und bietet neben dem allgemeinen Führungsprogramm Kinderfeste, Theateraufführungen, Schulklassenwettbewerbe bis hin zu Kindergeburtstagen in der Schirn. Detaillierte Programmdaten sind bei den Pädagoginnen der Schirn Simone Boscheinen und Irmi Rauber (Telefon: 069-29 98 82-140 oder 112, office@schirn.de) erhältlich. Pressetext

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Kunst - Ein Kinderspiel
Eine Ausstellung für die ganze Familie
Kuratorin: Gunda Luyken, Berlin
mit Arbeiten von Henri Matisse, Jean Dubuffet, Charles & Ray Eames, Bruno Taut, Pablo Picasso, Alexander Calder, Andy Warhol, Tobias Rehberger, Richard Riemerschmid, Frank Wedekind, Josef Hoffmann, Koloman und Ditha Moser, Franz von Zülow, Dagobert Peche, Gerrit Rietveld, Ludwig Hirschfeld-Mack, Alma Siedhoff-Buscher, Hermann Finsterlin, Bruno Munari, Enzo Mari, Marcel Breuer, Paul Klee, Lyonel Feininger, Otto Dix, Pablo Picasso, Reinhard Mucha, Günther Förg, Michel Majerus, Jorge Pardo, Rosemarie Trockel, u.a.