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Kateřina Šedá beobachtet und reflektiert in ihren Arbeiten das alltägliche Leben und macht sichtbar, was oftmals unter Routinen verborgen bleibt. Dies geschieht mittels Zeichnung, Collage, Fotografie oder Video. Im Mittelpunkt eines jeden Projektes steht allerdings die Aktion selbst. So analysiert oder inszeniert die junge tschechische Künstlerin ritualisierte Handlungen und deckt erstarrte Strukturen in sozialen Gefügen auf. Das Motiv der Grenzüberwindung – seien es physische oder psychische Barrieren – taucht dabei immer wieder auf. Indem Kateřina Šedá ungeschriebene Regeln bewusst macht und Beschränkungen hinterfragt, entwirft sie Alternativen zu Gewohnheiten. Ausgangspunkt ist zumeist ihr unmittelbares Lebensumfeld, wie Freunde und Familie, oder ländliche Gemeinden wie beispielsweise ihr Geburtsort Brno-Líšeň. Das Aufdecken und Aufbrechen verhärteter zwischen-menschlicher Strukturen, gepaart mit dem Willen, die Menschen wieder miteinander in Kontakt zu bringen, machen ihre Interventionen so unmittelbar eindrücklich.

In Rahmen ihrer Ausstellung It’s Too Late In The Day im Künstlerhaus Bremen präsentiert Kateřina  Šedá ein Projekt, an dem sie seit einigen Jahren arbeitet. Es umkreist die Gemeinde Nošovice in der Tschechischen Republik und verschränkt, wie frühere Arbeiten, Kunst und Alltagswelt. Nošovice ist ein kleiner, auf den ersten Blick unspektakulärer Ort. Er liegt allerdings in einer außerordentlich schönen Umgebung, inmitten von Feldern, Wäldern und zu Füßen der Beskiden. Vor wenigen Jahren wurde in dieser Idylle eine große Hyundai-Automobilfabrik errichtet – die erste in ganz Europa. Unfähig sich gegen diese einschneidende Neuerung zu wehren, kapitulierte die Bevölkerung. Viele Menschen zogen fort und die Verbliebenen sprechen seither nicht mehr miteinander. Neben sozialen Spaltungen gingen mit dem Neubau auch starke Eingriffe in Natur und Infrastruktur einher: das ursprüngliche Straßennetz und alte Verbindungswege wurden gekappt und münden mittlerweile in Sackgassen. Ein hoher Zaun umschließt das Fabrikgelände und schottet es so von der gesamten Umgebung ab. Um Nachbarn zu besuchen, muss man einen großen Kreis um das Hyundai-Grundstück laufen, anstatt wie früher einen direkten Weg einschlagen zu können. Die große Fabrik nimmt Einfluss auf die gesamte Ortschaft. Sie ist ein Fremdkörper, der sich auf das soziale und topografische Gefüge der Ortschaft und deren Umgebung auswirkt. Ausgehend von diesen Beobachtungen arbeitet Kateřina Šedá seit einiger Zeit an Wegen, die aus dem geschlossenen Kreislauf heraus führen. Sie setzt an den zwischenmenschlichen und architektonischen Hindernissen an, um sie auf unterschiedliche – visuelle und performative – Weise zu überwinden und die Menschen wieder miteinander in Kontakt zu bringen. Die Ausstellung It’s Too Late In The Day bildet einen status quo ihrer Arbeit an diesem Langzeitprojekt. Sie verbindet Erwägungen und Ergebnisse, die im Laufe ihrer Auseinandersetzung entstanden, mit den nächsten, neuen Schritten.

Kateřina Šedá, geb. 1977, lebt in Brno-Líšeň. Sie stellte vielfach international aus, u.a. bei der documenta 12, der 5. Berlin Biennale sowie Manifesta 7 und war für den Future Generation Art Prize des Pinchuk Art Centers Kiew nominiert. In 2011 richtet sie Einzelausstellungen in der Millenium Gallery Sheffield und der Tate Modern aus. It’s Too Late In The Day im Künstlerhaus Bremen ist Kateřina Šedás erste institutionelle Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum. Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Künstlerpublikation.

Kateřina Šedá It’s Too Late In The Day 12. März – 8. Mai 2011 Eröffnung: 11. März 2011, 19:30 Uhr