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Eröffnung am 28. Juni 2007

Nach langjähriger öffentlicher Abwesenheit eröffnet das werkbundarchiv – museum der dinge das erste Mal als Museum mit einer ständigen Sammlung am 28. Juni 2007 am neuen Standort in Berlin-Kreuzberg. Diese Wieder- oder besser Neueröffnung steht ganz im Zeichen des Kerngeschäfts der Institution: Der Deutsche Werkbund.

Im Jahr 2007 wird die in München gegründete Vereinigung von Kunst und Industrie 100 Jahre alt. Das werkbundarchiv – museum der dinge nimmt als kritischer „Erbeverwalter“ das Jubiläum zum Anlass, um im Rahmen seines Eröffnungsprojekts den Blick auf die im Kontext der Produkt- und Sachkultur des 20. Jahrhunderts sichtbar gewordene Programmatik dieser Reformbewegung zu werfen. Die Zielsetzungen des Werkbunds werden vor dem Hintergrund der heutigen Produktkultur auf ihre Zukunftstauglichkeit geprüft. Das werkbundarchiv – museum der dinge konzentriert sich entsprechend seiner Sammlungsausrichtung auf die Produktkultur und thematisiert die architekturhistorischen Aspekte der Werkbund - Geschichte nicht; dies wird durch eine Ausstellung der Neuen Pinakothek der Moderne/Architekturmuseum in München geleistet, die ab September auch in der Berliner Akademie der Künste zu sehen sein wird.

Der Werkbund hat als Teil der utopischen Kulturtendenzen zu Beginn des 20. Jh. eine Lebensreform angestrebt. Durch eine reformierte, modern-sachliche Gestaltung von industriell gefertigten Produkten, von Architektur und Lebensraum sollte der zunehmenden Entfremdung entgegengewirkt und ein neuer Verständigungszusammenhang zwischen Entwerfer, Produzent, Verkäufer und Verbraucher über die Etablierung ethisch fundierter Werte wie Qualität, Materialgerechtigkeit / Ehrlichkeit, Funktionalität / Nützlichkeit und Nachhaltigkeit geschaffen werden. Die verschiedenen Strategien innerhalb des Werkbund liefen darauf hinaus, das Bild einer Einheit stiftenden Kultur aufrechtzuerhalten. Letztendlich hat der Werkbund versucht, eine Übereinstimmung von Gebrauchswert und Tauschwert von Produkten zu erreichen, vor allem über den Weg der aus der Technik abgeleiteten Funktionalität und Sachlichkeit der Dinge. Er wollte die Dinge als stumme Diener und nicht als verführende, das Leben dominierende und eigenmächtige Warenfetische.

Der Werkbund wollte eigentlich nicht kämpfen, gleichzeitig hat er eine sehr entwickelte Kampfmetaphorik: Seine Zielsetzung war bis in die 1970er Jahre die Propagierung der ästhetisch und moralisch "guten Form" über übliche Instrumente wie Publikationen und Ausstellungen sowie über ganz spezifische Mittel wie ein mobiles Museum zeitgenössischer Alltagskultur, Werkbundkisten und Warenkunden. In der Festsetzung eines ästhetischen Kanons in Verbindung mit moralischen Wertungen liegt der durchaus zu problematisierende Aspekt der Werkbundgeschichte und gleichzeitig muss die Frage gestellt werden wie nötig und sinnvoll es auch heute wäre, Orientierungsmaßstäbe zur Beurteilung von Produkten und ihrer Qualität zu geben.

Die Dokumenten- und Objektsammlung des werkbundarchiv – museum der dinge eignet sich besonders gut dazu, die Arbeit des Werkbunds in der erläuterten Richtung darzustellen, weil sie als ganzes eine flexible, dialogische Struktur hat und die Werkbundgeschichte immer im Kontext der Alltagskultur des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Sie ist nicht eindimensional auf Objekte von Werkbund-Protagonisten und Produkte von Werkbundfirmen ausgerichtet, weil sich die Geschichte des DWB nicht nur als Designgeschichte erzählen, sondern erst im Spiegel der vielfältigen Aspekte alltäglicher Sachkultur nachvollziehbar machen lässt.

Ausgewählt werden die Objektbereiche, die geeignet sind, zum einen die Grundlagen der historischen Werkbundarbeit zu vermitteln und zum anderen die zeitgenössische Produktkultur vor diesem thematischen Hintergrund zu reflektieren. Ganz im Sinne des ästhetischen Erziehungsanspruchs des DWB lassen sich die Mustersammlungen aufteilen in die mit Vorbildcharakter und in diejenigen, die eine Feindbildfunktion erfüllen. Die dabei erzählten Geschichten werden eine (nicht die) Geschichte des Deutschen Werkbunds ergeben und ermöglichen so den Einblick in die grundlegenden Aspekte und ein zeitgenössisches Verständnis seiner Programmatik.

Die Sammlung des werkbundarchiv – museum der dinge und das Eröffnungsprojekt zum Werkbundjubiläum sind eng miteinander verschränkt und sollen in Zukunft als museale Arbeitsplattform dienen.

Das Eröffnungsprojekt wird vom Hauptstadtkulturfonds finanziert.

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Kampf der Dinge
Eine Ausstellung im 100. Jahr des Deutschen Werkbunds