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Justin Almquist

Wenn ich nichts höre, kann ich nicht sprechen. Nicht, dass ich stumm wäre, wenn ich nichts höre. Ich kann nur nicht sprechen. Werner Söllner – Hörensagen

Am Anfang war das Ohr. Das Auge, die Nase, der Mund, die Hand. Und alles andere auch. Alles was rein kommt und alles was raus geht. Und alles was dazwischen liegt, steht oder hängt. Am Anfang war immer schon alles da. Das Ei und das Huhn, das Blatt und der Stift. Man muss einfach nur weitermachen.

Und Justin Almquist macht weiter – mit allem was rein kommt, mit manchem, was links liegen bleibt und mit vielem, was wieder raus geht. Jedenfalls mit allem was da ist, was da war oder irgendwie da sein könnte. Das ist kein Konzept, das ist Praxis. Oder wenn es ein Konzept wäre, dann eines, dass die Angst, sich für das, was man macht, vor einer anderen Instanz rechtfertigen zu müssen, nicht kennt. Nicht vor dem Gesetz also, sondern mit der Setzung. Und es wäre ein Konzept, das nicht über Reduktion und Ausschluss operiert, um zu einer eigenen Sprache zu finden, sondern über Einschluss und Aneignung, weil ja alles was rein kommen kann auch rein kommt und dann wieder raus muss. Die Anthropophagie mag das Modell stellen, der Omnivorismus aber liefert die Methode.

Weniger ist nämlich gar nicht mehr, das hat einfach viel zu lange nur niemand gemerkt. Und jetzt sitzen alle auf ihren Eames Stühlen im Wohnzimmer rum und wissen auch nicht mehr was zu tun ist, außer eben noch die gute Flasche Wein aufmachen. Und auch da gilt: weniger ist weniger und mehr ist mehr. Und zu viel ist immer gut.

Zu viel sind zum Beispiel auch die drei blutenden Löcher in der Aura, eins hätte ja völlig gereicht, aber durch drei geht halt doch mehr durch. Im Love Triangle sind drei auch mindestens einer zu viel, aber warum einfach, wenn’s auch komplizierter geht. Pasolini im Fußballtrikot leidet unter Verfolgungswahn (in Grün), ihm hockt Snagglepuss als ausgelöschte Silhouette im Nacken, noch einer zu viel. Und Mr Peanut verdoppelt sich gleich freiwillig, um im Double Neon Entertainers Programm aufzutreten. Zu viel Hut auch bei den Calaveras, um als Masken durchzugehen, zu viel Maske um als Hut zu erscheinen: Skull Hats, ist doch praktisch, man muss ja nicht immer alles rauskürzen, was man nicht wirklich braucht. Zum Glück auch zu viele Pilze bei den Joshua Trees, Henri Michaux war ohnehin viel besser als Bono Vox. Und zuviel Sonne ist auch immer da, also die Augäpfel zu Sehschlitzen und irgendwie durch durch das Licht, I don’t have any sunglasses with me, otherwise I would put them on.

Zu wenig hingegen, zumindest für die Eames-Besitzer, die Spiral Jetty als Plein-Air Aquarell, vom Künstler von Hand und vor Ort am Great Salt Lake in Utah am 19. und 20. August 2014 gemalt. Aber es könnte ja auch interessant sein, mal wieder über Erfahrungen zu sprechen und nicht immer nur über Konzepte. Oder vielleicht über Konzepte, die die Dimension der Erfahrung nicht einfach nur dem Mülleimer der Geschichte überantworten. Konzepte, die porös sind, die sich öffnen gegenüber all dem, was es sonst noch so an Überschüssigem gibt, die das, was hier nicht hingehört, das was zu viel (oder zu wenig) ist, wieder rein holen, anstatt es außen vor zu lassen und sich als ein weiteres smartes Produkt des Betriebs abzudichten. Searching for ideas / sleeping with one eye open. Genau. Vom Hörensagen. Vom Riechen sprechen. Und vom Sehen handeln. Vom Tier werden jetzt mal besser nichts. (Daniel Pies)