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Mit Josephine Prydes Einzelausstellung Miss Austen Enjoys Photography. im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf eröffnet Direktor Hans-Jürgen Hafner sein Programm. Hafner ist seit dem 1. September 2011 im Amt. In seinem Ausstellungs- und Vermittlungsprogramm wird er sich ‚Ausstellen’ immer auch selbst zum Thema machen und in den jeweiligen Ausstellungsformaten zur Diskussion bringen.

Passgenau zur Eröffnung der ersten Ausstellung wird das neue gestalterische Konzept vorgestellt. Dabei kooperiert der Kunstverein weiterhin mit dem Berliner Grafikbüro Lambl Homburger. Neben dem überarbeiteten grafischen Auftritt des Kunstvereins umfasst es vor allem das räumliche Erscheinungsbild sowie die Orientierung im Haus. Künftig kennzeichnet eine graue Bodenleiste Foyer und Ausstellungsraum des Kunstvereins.

Josephine Pryde (Jg. 1967) arbeitet bevorzugt fotografisch. Ihre künstlerische Praxis reicht aber weit darüber hinaus. Zwar greift die englische Künstlerin in verschiedener Form die technischen und ikonischen Potenziale der Fotografie auf, um visuell ebenso attraktive wie konzeptuell präzise Bilder herzustellen; gleichwohl sollte nicht aus dem Blick geraten, dass sich ihr Werk über viele unterschiedliche Medien und sogar noch bis hinein ins Format der Ausstellung erstreckt. Entsprechend ist Prydes aktuelles Vorhaben für den Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf unter doppelten Vorzeichen zu lesen. Mit einer neuen, direkt vor Ort entstehenden Fotoproduktion schafft die Künstlerin eine Art Rahmenerzählung für diesen – in einer deutschen Institution erstmaligen – Rückblick auf ihre fotografisch-bildnerischen Arbeiten aus zwei Jahrzehnten. Die Retrospektive auf das eigene Werk wird somit Gegenstand einer für den konkreten Anlass konzipierten Neuproduktion. Dafür wurde ein Aufnahme-Set in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins aufgebaut.

Die neu entstandenen Farb- und S/W-Fotografien von Meerschweinchen ergänzen die großformatigen Fotos und Objekte der Serien „Therapie Thank You“ und „Therapie Thank You Thank You“ (beide 2010). Diese werden erstmals für diese Ausstellung zusammengeführt. Eine Auswahl diverser älterer Arbeiten rundet die Präsentation ab. Diese Zusammenstellung gibt einen Eindruck davon, welch breites Spektrum Josephine Prydes künstlerisches Werk abdeckt und wie spezifisch es gleichzeitig angelegt ist. Die Auswahl zeigt, wie sehr dieses Werk seine Spannung daraus zieht, konzeptuelle und visuelle Strategien nebeneinander auszuspielen, je nach Anlass und Situation spezifische Referenz- und Deutungsebenen herzustellen. Dennoch operiert es mit Bildern von ausgesprochen großer Attraktivität.

Meerschweinchen als Bildmotiv erlauben verschiedene Assoziationen. Das schließt ferner die konkrete Nutzung von Meerschweinchen als – besonders für Kleinkinder attraktive – Haus- sowie als gängige Labortiere ein. Das spiegelt sich etwa im englischen Sprachgebrauch von guinea pig unmittelbar wider. (Im Deutschen würde dem am ehesten das sprichwörtliche ‚Versuchskaninchen’ entsprechen.) Das Motiv der Bilder der „Therapie Thank You“ und „Therapie Thank You Thank You“ Serien zu benennen, fällt demgegenüber nicht leichter. Die eleganten, formatfüllenden Stoffdrapierungen und Faltenwürfe zeigen exquisite Textilien und deuten durch die darin angedeuteten Silhouetten auf ihren Gebrauch als Kleidungsstücke hin. Sie kontrastieren außerdem mit Mobiles, die sich aus Schleifen, Fleischerhaken und geflochtenen Körbchen („The Mystery of Artistic Work“, alle 2010) zusammensetzen.

Vielfältig, ja geradezu offensiv verschieden, präsentiert sich Josephine Prydes fotografisches Oeuvre, das foto- und entwicklungstechnische Experimente in der Dunkelkammer ebenso einschließt wie Bildmodelle, die an Hobbyaufnahmen oder professionelle Studiofotografie erinnern. Miss Austen Enjoys Photography. zeigt aber nicht nur einzelne Objekte und Bilder – in der Ausstellung ergeben sich Zusammenhänge. Die Schau geht einerseits der allgemeinen Frage nach, was es heute bedeuten kann, aus künstlerischer oder aus institutioneller Sicht Ausstellungen zu machen; so erlaubt sie es, ‚Ausstellen‘ konzeptionell aus der Perspektive der Produktion sowie der institutionellen Vermittlung zu diskutieren. Andererseits wird die Fragestellung aber sofort wieder an die Bilder und Objekte der Ausstellung zurückverwiesen, die sich ihrerseits mit der Ausstellungssituation befassen oder diese sogar thematisieren. Dies wirkt sich auf die Bilder selber aus und lädt dazu ein, sie auf den freien Umgang mit fotografischen Codes hin zu betrachten, die sich weder einem exklusiven Stil oder einem bestimmten Motiv unterordnen ließe.

Die von Josephine Pryde in Absprache mit dem Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, entwickelte Ausstellung Miss Austen Enjoys Photography. wird Mitte des Jahres unter dem Titel Miss Austen Still Enjoys Photography. in der Kunsthalle Bern fortgesetzt.

Parallel zur Ausstellung von Josephine Pryde eröffnet in der Kunsthalle Düsseldorf bereits ab 19 Uhr die Gruppenausstellung der Karl Schmidt-Rottluff Stipendiaten.

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Josephine Pryde
Miss Austen Enjoys Photography
Kurator: Hans-Jürgen Hafner