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Joseph Beuys — in diesem Jahr gedenkt man seinem zwanzigsten Todestag — zählt zu den kontroversiellsten und bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20.Jahrhunderts. Sein widersprüchliches Werk ist beseelt von der avantgardistischen Utopie der Erlösung der Welt und ihrer Menschen durch die Kunst. Beuys entgrenzte in der Radikalität seines Denkens den traditionellen Kunstbegriff und inspirierte wie kein anderer nachfolgende Künstlergenerationen mit seinen bildnerischen Arbeiten, Aktionen und Vorträgen. Das MUMOK zeigt mit der „Kölner Mappe“ ein umfangreiches graphisch-malerisches Werk, das wesentlich zum Verständnis von Beuys aktionistischem und skulpturalen Oeuvre beiträgt. Sie wird erstmals im MUMOK vollständig präsentiert. Außerdem werden das frühe Objekt „Tür“ (1954-56), das in Wien produzierte Environment „Basisraum Nasse Wäsche“ (1979) sowie die Dokumentation der Aktion „Honigpumpe“ (1985) aus der Sammlung des MUMOK gezeigt.

Das im MUMOK gezeigte Konvolut von 64 Arbeiten auf Papier aus dem Zeitraum 1945 und 1973 wird als „Kölner Mappe“ bezeichnet, da die Blätter von einem Kölner Sammler zusammengetragen wurden, bevor sie von Peter und Irene Ludwig erworben wurden. 1979 kam das Konvolut als Leihgabe an das Museum Moderner Kunst in Wien. Anlässlich der Gründung der Österreichischen Ludwig Stiftung brachten Irene und Peter Ludwig neben anderen bedeutenden Werken 43 Zeichnungen der Mappe in die Stiftung ein. Eine Erweiterung des Stiftungsvertrags 1991 hat die Schenkung der weiteren Zeichnungen zur Folge. Die „Kölner Mappe“ umfasst exemplarisch das zeichnerische Werk von Joseph Beuys. Kein Thema, das für Beuys dominant ist und über sein Denken Aufschluss gibt, ist in der „Kölner Mappe“ ausgespart geblieben. Die Zeichnungen erzählen vom spontanen, transitorischen Charakter seines Kunstwollens. Es sind Themen geographischer und physikalischer Natur, Überlegungen zum Menschen, insbesondere zur Frau, die in ihren mythischen Beziehungen und symbolhaften Handlungen skizziert sind, wie in den Arbeiten „dickes Mädchen“ oder „die Bergsteigerin“. Andere Blätter zeugen von Beuys' Faszination für Biologie und die Tierwelt.

Einer der ersten Ankäufe der Österreichischen Ludwig Stiftung 1981 war Beuys großes Environment „Basisraum Nasse Wäsche“, das 1979 in Wien entstanden ist. Im Jänner wurde die 1.Fassung in der Galerie nächst St.Stephan realisiert und dann einige Monate später für die Ausstellung in der Wiener Secession adaptiert. Ausgangspunkt für diese Arbeit sei ein Besuch von Beuys im Palais Liechtenstein gewesen, wie er später berichtete. Das Palais, das gerade als temporäres Haus für das Museum moderner Kunst adapiert wurde, sei völlig ungeeignet, dort könne man nur immer und immer wieder nasse Wäsche aufhängen.

Mit der „Tür“ (1954-56) verfügt das MUMOK über ein in der Literatur lange unterbewertetes Hauptwerk von Joseph Beuys. Zur Zeit ihrer Entstehung erlebte Beuys eine schwere körperlich-geistige Krise. Die bei einer Explosion in seinem Atelier verbrannte Holztüre öffnete Beuys den Weg zu einem erweiterten Kunstbegriff. Als er ihre Bedeutung für sich erkannte, fügte Beuys der Türe zwei Hasenohren und einen Reiherschädel hinzu. In dieser Arbeit sind Beuys persönlichen Erfahrungen mit alten Mythen, magischen Bräuchen und der Bedeutungsoffenheit tradierter Symbole stark verwoben.

„Honigpumpe“ (1985) ist die Dokumentation einer sechs Stunden dauernden Aktion, die ein Jahr zuvor im Düsseldorfer Atelier von Joseph Beuys stattgefunden hat. Mit den für Beuys typischen Materialien wie Fett, Filz, der Figur eines Hasen, Honig, etc. baut er den Apparat „Honigpumpe“. Die Dokumentation besteht aus einer Kassette mit Siebdruck, 15 Fotografien, einer Tonbandkassette und einem Textheft.

Aus der Bibliothek des MUMOK, die über ca. 130 Publikationen zu Joseph Beuys und seinem Werk verfügt, wird zur Ausstellung in der MUMOK Factory ein Informationstisch zum Nachlesen eingerichtet.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag des MUMOK mit einer Einführung des Kurators Wolfgang Drechsler.

Kurator Wolfgang Drechsler

Pressetext

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Joseph Beuys
Aus der Sammlung des MUMOK
Kurator: Wolfgang Drechsler