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C/O Berlin, International Forum For Visual Dialogues, präsentiert vom 12. Dezember 2009 bis 28. Februar 2010 die Austellung The Places We Live des norwegischen Magnum-Fotografen Jonas Bendiksen. Die Eröffnung findet am Freitag, den 11. Dezember 2009, ab 19 Uhr bei C/O Berlin im Postfuhramt in der Oranienburger Straße 35/36 statt.

Die Bevölkerung der Erde wächst explosionsartig, die Urbanisierung vollzieht sich heute im Zeitraffer. Seit 2008 gibt es erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Ein Drittel der urbanen Bewohner, also mehr als eine Milliarde, lebt auf engstem Raum in den Armutsviertel am Rande der Megacities. Die Slums, Shantytowns und Favelas in Asien, Afrika und Lateinamerika sind die am schnellsten wachsenden Wohnquartiere – einfache Behausungen aus Wellblech, Kartons und Bretterverschlägen, ein wild wuchernder Mikrokosmos. Was bedeutet es konkret, in diesen Enklaven der Armut zu wohnen? Wie richten die Bewohner sich im Notstand ein? Wie ist deren Alltag? Jonas Bendiksen hat zwischen 2005 und 2007 die Menschen in den Slums von Nairobi, Jakarta, Caracas und Mumbai in ihren winzigen Privatsphären fotografiert und ihre Lebensgeschichten aufgezeichnet. Mit seinen einzigartigen Nahaufnahmen bricht der norwegische MAGNUM-Fotograf mit den stereotypen Bildern von Slums und deren Bewohnern. Denn er zeigt nicht nur Armut, Müll, Hunger, Krankheit und Gewalt, sondern auch Zeichen der Hoffnung – liebevoll dekorierte Hütten, gastfreundliche Menschen, Nachbarschaftshilfe und Zusammenhalt.

Jonas Bendiksen fängt die Normalität in der Armut, das Alltägliche im Leben am Existenzminimum ein. Und auch wenn dieses Alltägliche für westliche Augen nicht alltäglich ist, wirkt es auf seinen Bilder nicht irritierend oder abstossend. Sie zeigen keine mitleiderregenden Slumbewohner, es fehlt die klischeehafte, in vielen Fotos und Berichten vorherrschende Mischung aus Faszination und Ekel. Auch kippen sie nicht ins andere Extrem einer romantisierenden Darstellung der Armut.

Jonas Bendiksen fotografiert stets auf dieselbe Weise: Familien sitzen oder stehen vor ihren vier Wänden, die der Fotograf einzeln aufnimmt. Die vier Bilder werde in der Ausstellung so an die Wände eines Raumes von 2qm projiziert, dass eine 360°-Ansicht vom Wohnraum im Originalgrundriss entsteht. Zusätzlich zu den Panorama-Aufnahmen werden die Lebensgeschichten der einzelnen Bewohner erzählt – eine unmittelbare Begegnung mit den räumlich und sozial Ausgegrenzten und ihrem Zuhause. Für jede der vier Städte gibt es einen Raum, die Bilder wechseln alle paar Minuten.

Die Fotos werden in der Ausstellung nicht auf traditionelle Weise von vorne projiziert, sondern per Rückprojektion durch separate Leinwände. Dadurch bleiben die Projektoren unsichtbar, und der realistische Charakter wird verstärkt – es entsteht der Eindruck, als würde man mitten im gezeigten Raum stehen.

C/O Berlin installiert eigens für die Projektionen von Bendiksen vier Module in die Halle des Postfuhramts. Die eindrucksvolle Raum-in-Raum-Installation wird erstmals und als einzige Station in Deutschland präsentiert. 2008 sind die Fotos diese Projektes im Knesebeck Verlag erschienen. Anlässlich des UN Habitat Days wurde Ausstellung im Oktober 2009 im National Building Museum in Washington gezeigt.

Jonas Bendiksen, geboren 1977 in Tonsberg, Norwegen, begann seine Karriere im Alter von 19 Jahren als Praktikant im Londoner Büro der Fotoagentur Magnum. Danach bereiste und fotografierte er über mehrere Jahre die Randgebiete der ehemaligen Sowjetunion. 2006 veröffentlichte er zu diesem Projekt das Buch „Satellites”. Mit einem Stipendium der Alicia Patterson Stiftung realisierte er 2005 das aufwendige Projekt „The Places We Live”. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem den National Magazine Award 2007 und den Preis für Fotografie der Norwegischen Stiftung der Fachfotografen (NFF). 2008 wurde Bendiksen als festes Mitglied in die Magnum-Fotoagentur aufgenommen. Er arbeitet unter anderem für National Geographic, Geo oder das Sunday Times Magazin. Jonas Bendiksen lebt und arbeitet in Oslo.