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Jack Goldstein (1945-2003) hat sich seit seinem Kunststudium in den späten 60er Jahren in Los Angeles mit so unterschiedlichen Medien wie Skulptur, Performance, Film, Soundarbeiten, Fotografie und Malerei beschäftigt. Vor allem seine 16mm-Filme und Schallplatten aus den 70er Jahren nehmen dabei eine zentrale Stellung in seinem Werk ein. Anfangs noch an der performancehaften Ausführung einer Handlung orientiert, widmen sich Goldsteins Filme der mittleren und späten 70er Jahre der Bildwelt der Filmproduktion Hollywoods und seiner Techniken. Aus ihrem Sinnzusammenhang isolierte Bilder/Szenerien werden hier zu Versatzstücken einer Film- oder Bildrealität, als Repräsentation ihrer inhärenten Gesetze.

In der dritten Einzelausstellung mit Jack Goldstein in unserer Galerie zeigen wir eine Auswahl früher s/w-Filme wie "A Glass of Milk" (1972), "A Spotlight" (1972), die bisher sehr selten gezeigten frühen Farbfilme "A Reading" (1973) und "Time" (1973), sowie seinen letzten Film "Under Water Sea Fantasy" (1983-2003), den Jack Goldstein in den 80er Jahren begonnen hatte und kurz vor seinem Tod vollendet hat. Neben diesen Filmen zeigen wir eine Auswahl von Schallplatten und Bildern von Jack Goldstein sowie das Textobjekt "Totems" (1988-90) und eine Schallplatten-Skulptur (1999).

Die frühen s/w-Filme von Jack Goldstein scheinen fast ausschließlich das Ausführen einer einfachen Handlung im Widerspiel mit den technischen/szenischen Gegebenheiten aufzunehmen: das Hämmern auf eine Tischplatte, auf der ein volles Glas Milch steht, bis dieses verschüttet ist; das Ausweichen des Künstlers aus dem Lichtkegel eines ihm folgenden Suchscheinwerfers. In ihrer Einfachheit produzieren sie dabei aber eine Drastik, die das Performancehafte zu einem Effekt werden und fast immer Elemente von Krieg und Verfolgung, sei es direkt im Bild (der Suchscheinwerfer in "A Spotlight") oder im Soundtrack (das Hämmern der Faust als Detonation in "A Glass of Milk") erkennen lässt. nDer bisher selten gezeigte Farbfilm "A Reading" (1973) kann als Übergang zu den bekannteren Farbfilmen des Künstlers der mittleren 70er Jahre gesehen werden. Konzentriert sich in "A Reading" die Kamera bereits auf das Bild eines abbrennenden Textblattes, so hört man über die Tonspur noch einen Leser, der dem Abbrennen zuvorzukommen versucht und den Text einer theoretischen Abhandlung in zunehmender Geschwindigkeit liest. Der Farbfilm "Time" (1973) ist nun schon ganz allegorisches Filmbild und damit direkter Vorgänger von Goldsteins bekannteren Filmen wie "MGM", "Shane" oder "The Jump" (1975-78). "Under Water Sea Fantasy" ist der letzte und erst bei der Whitney Biennale 2003 posthum uraufgeführte Film des Künstlers. Bereits 1983 hatte Jack Goldstein die Arbeit an diesem Film begonnen. Er kaufte Archivmaterial von Naturdokumentationen, vor allem Unterwasserfilmen, um sie zu einem epischen Film über Naturkatastrophen und Unterwasserlandschaften zu montieren. Der Film galt lange als unvollendet. Erst im Jahre 2002 nahm Jack Goldstein dann die Arbeit an diesem Film wieder auf, um ihn kurz vor seinem Tod 2003 zu vollenden.

"Under Water Sea Fantasy" beginnt mit faszinierenden Bildern von Vulkaneruptionen, die farbgewaltig aus dem monochromen Rot des Anfangs heraustreten und deren Donnergrollen den Sound beherrscht. Die Gischt der fließenden Lava geht dann langsam in Aufnahmen von Wasser über. Die Szenerie wandert unter den Meeresspiegel, womit auch der Sound abklingt, so dass die nun folgenden Bilder von schillernden Fischschwärmen, Grotten, Riffen sowie Quallen und Oktopussen von völliger Stille begleitet werden. Für das Bild einer Mondfinsternis geht die Kamera am Ende des Filmes wieder über Wasser. Der rasch abnehmende Mond wird dabei mit einem rätselhaften Flötenton unterlegt, der dann im Schwarz des letzten Bildes ausklingt.

Die Schallplatten, die Goldstein ab 1976 parallel zu seinen Filmen produziert hat, wirken wie eine weitere Stufe der Abstraktion. Waren es in den Filmen vereinzelte Handlungen oder aus ihrem Kontext isolierte Bilder, so steht hier die Soundspur für sich allein. In der Serie von zehn 7inch-Platten von 1976 entsprechen die nüchternen Beschreibungen ihrer Titel auf dem Cover, wie beispielsweise "Two Wrestling Cats", den Geräuschen, die hier als Tonaufnahme zu hören sind. Das von Goldstein gestaltete minimale Design der Hüllen sowie das farbige Vinyl macht diese Schallplatten darüberhinaus auch zu Objekten, die Goldstein zu Ausstellungszwecken, oft auch ihrem eigentlichen Gebrauch entfremdet, ohne die Möglichkeit diese abzuspielen an der Wand installiert präsentiert hat.

Jack Goldsteins Bilder, die seit Anfang der 80er Jahre entstanden sind, haben, ähnlich den Sounds der Schallplatten und den Filmbildern von "Under Water Sea Fantasy" zumeist vorgefundenes Material zum Ausgangspunkt, das Goldstein mit Airbrush-Technik auf die Leinwand überträgt. Vor allem die früheren dieser Bilder zeigen fast ausschließlich explosionsartige Kriegsszenarien aus dem Zweiten Weltkrieg, sowie überwältigende Naturphänomene.

Das Textobjekt "Totems" (1988-90), eine von Goldstein gestaltete Box mit 100 Seiten computergenerierter Texte und emblematischer Formen, die auf den Seiten in säulenhafter Totem-Form angeordnet sind, ist eine Weiterentwicklung Goldsteins in den frühen 80er Jahren entstandenen Aphorismen.

Die drei Schallplatten-Skulpturen sind die einzig bekannten derartigen Objekten, an denen Jack Goldstein wahrscheinlich Ende der 90er Jahre gearbeitet hat. Es handelt sich um spezielle Pressungen seiner Schallplatte "The Quivering Earth" von 1977, für die Jack Goldstein einen skulpturalen Support gebaut hat. Die Ambivalenz seiner Schallplatten-Arbeiten der 70er Jahre, die neben ihrer Eigenschaft als Tonträger immer auch eine stark bild- bzw. objekthafte Komponente hatten, wird hier noch verstärkt, indem die Schallplatte vom Objekt in eine Skulptur verwandelt wird.

"My work has always been very much involved with sculpture in the sense that it's about defining something in space and time, very much about our relationship to it, our distance to that thing. I still feel that I have the same concerns, except that I've moved into subject matter. (...) I'm interested in that gap between minimalism and pop art: the objectness and autonomy of minimalism and the subject matter from our culture that's in pop art. But there is also a link to conceptual art. It's more about the content than the form, that it's the same whether it's performance, films, records, etc. and that a lot of the experience take place in your head. Real time and real space don't matter." *

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Jack Goldstein