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„Sesam, öffne dich!" So lautet die Zauberformel, mit der Ali Baba Zugang zum Inneren des Berges findet, in dem 40 Räuber die reiche Beute ihrer Raubzüge verstecken. Beinahe hätte er seine unverhoffte Entdeckung mit dem Leben bezahlt, am Ende macht sie jedoch aus dem armen Holzfäller einen wohltätigen und angesehenen Mann. In dieser Geschichte aus Tausendundeiner Nacht verflechten sich schillernde Pracht und selbstlose Treue eng mit skrupelloser Zerstörung und Missgunst. Sesam, öffne dich! Diese Parole wählte die Bildhauerin Isa Genzken als Titel für ihre bislang umfassendste Einzelausstellung, die das Museum Ludwig in Zusammenarbeit mit der Whitechapel Gallery, London entwickelt hat.

Von den aerodynamischen, mit Einschnitten versehenen Holzskulpturen aus den siebziger Jahren bis hin zu den jüngst verwirklichten fragilen Rauminstallationen erscheinen ihre Werke als Sinnbild der Gratwanderung zwischen Schönheit und Zerstörung, zwischen Anmut und Brutalität, die nicht nur Ali Baba im Märchen, sondern auch wir im Alltag erleben. Die aktuellen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Bedingungen im Blick, deckt Genzken die labilen, irritierenden, widersprüchlichen Seiten unserer Existenz auf, indem sie scheinbar Unumstößliches hinterfragt. Wiederholt stehen dabei die zeitgenössische Architektur oder der Umgang mit gesellschaftlichen Ausnahmesituationen im Zielpunkt ihrer künstlerischen Arbeit. Mit den ellipsoiden Skulpturen, den architektonischen Gips- und Betonarbeiten der achtziger Jahre oder den jüngst entstandenen Werken, die sich aus Konsum- und Alltagsgegenständen zusammensetzen, bleibt sie einerseits in den Koordinaten eines traditionellen Skulpturverständnisses. Andererseits zeichnen sich ihre Arbeiten durch eine Fragilität, Unvollkommenheit und Offenheit aus, die ein spannungsreiches Verhältnis zum umgebenden Raum aufbauen und eine autobiografische, psycho-emotionale Dimension andeuten. Damit fordert sie sowohl die Errungenschaften der modernen Skulptur als auch zeitgenössische, in der Minimal Art und der Konzeptkunst wurzelnde Werkbegriffe heraus. Ihre Stellung innerhalb des aktuellen Kunstdiskurses ist daher ebenso außergewöhnlich wie maßgebend.

In den vergangenen Jahren realisierte Genzken wiederholt große Einzelausstellungen in internationalen Museen und Ausstellungshallen. Diese blieben jedoch stets auf einige Werkgruppen beschränkt oder sie ermöglichten neue Arbeiten. Mit über siebzig Werken bietet die Ausstellung Sesam, öffne dich! erstmals die Gelegenheit, die künstlerische Entwicklung von Isa Genzken in ihrer thematischen wie formalen Komplexität über mehr als 30 Jahre zu verfolgen.

Kuratoren: Prof. Kasper König, Nina Gülicher

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Isa Genzken. Sesam, öffne dich!
Retrospektive
Kuratoren: Kasper König, Nina Gülicher, Andrea Tarsia