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Iris Kettners lebensgroße figurale Skulpturen repräsentieren auf den ersten Blick vertraut anmutende ärmliche Gestalten des urbanen Großstadtlebens. Aus Altkleiderlumpen geformt, die mit Klebeband über Holzkonstruktionen gewickelt und mit gebrauchten Kleidungsstücken angezogen werden, erwecken die Figuren den Eindruck von Unauffälligkeit und Anonymität, der durch die bedeckten Köpfe bzw. maskierten Gesichter noch verstärkt wird. Da die Figuren keinerlei charakterisierende oder andere distinktive Merkmale aufweisen, die auf Persönlichkeit oder Individualität anspielen, verweisen sie auf die schiere Existenz und das Verhalten Einzelner bzw. Gruppen in spätmodernen Gesellschaften. Doch bei genauerer Betrachtung weicht der Eindruck der Vertrautheit dem der Irritation, die durch Kettners Inszenierung der Verschmelzung von Körpergrenzen, des Überschreitens von Verhaltenskonventionen und verstörender Körperhaltungen ausgelöst wird. Dieses Verhalten ihrer Figuren markiert Brüche mit sozialen Normen, in denen Widersprüche zwischen Verletzlichkeit und Aggression sowie Unterwürfigkeit und Dominanz wirken, wodurch die Figuren einerseits absurd-befremdlich, andererseits vertraut und allzumenschlich erscheinen.

Die 2yk Galerie freut sich, nach zahlreichen Beteiligungen der Künstlerin an Berliner Gruppenausstellungen und ihrer aufsehenerregenden Präsentation von vier Figuren im U-Bahnhof Alexanderplatz im letzten Jahr Kettners erste Einzelausstellung in ihren Räumen präsentieren zu dürfen. Sie zeigt drei sehr unterschiedliche, stark auf den Raum bezogene Arbeiten, wobei der Raum für die Figurengruppe lediglich wie ein Behälter wirkt, dessen fehlende Markierungen Sinn und Funktion ihres Verhaltens entkernt. Die Gruppe erscheint als Projektionsfläche für ein Sozialverhalten als Norm, das den Einzelnen in einer Gemeinschaft überlebensfähig macht. Der Einzelkörper geht im Gemeinschaftskörper als Symbol für das Menschenbild spätmoderner Gesellschaften auf, deren individuelle Wertesysteme zusammengebrochen und durch globale Parameter menschlicher Existenz- und Überlebensweisen ersetzt sind. Für eine andere Arbeit, ein aus Holzlatten gefertigtes Bild einer menschlichen Figur, wird der Raum zu einer architektonischen Stütze für wild wucherndes, in die Höhe strebendes unvorhersehbares Wachstum, das eine aus den Fugen geratene Welt zu symbolisieren scheint.

Iris Kettner Geboren 1968 in Mainz; 1988-1991 Ausbildung als Metallfacharbeiterin in Köln; 1991-1997 Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein, Halle/Saale; lebt und arbeitet in Berlin. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen u.a. in Berlin, Duisburg, Chemnitz sowie Stipendien der Stiftung Kulturfonds und der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Berlin.

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Iris Kettner