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„Moralisch ist, wonach man sich gut fühlt, und unmoralisch, wonach man sich schlecht fühlt “ (Ernest Hemingway)

Eine klare Antwort darauf, welche Bedeutung Moral heute für uns er Gesellschaftssystem hat, gibt es nicht. Moral bestimmt die Welt und ist eine unabdingbare Grundlage für menschliches Zusammenleben. Sie lässt keinen Platz für Skepsis oder Zweideutigkeit. In diesem Sinn ist Moral die große Schwester der Wahrheit.

In unserem zeitgenössischem Leben werden moralische Standards mehr vom einzelnen Menschen als von Gesellschaften gesetzt, im Sinne, wie Hemingway dies einst sarkastisch formulierte.

Gegenwartskünstler beschäftigen sich seit der Moderne mit dem Scheitern von Gesellschaftssystemen. Zahlreiche thematische Ausstellungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten dieser Themen angenommen.

In diese Analogie lässt sich die Ausstellung „ I could live in Africa “ , die das Verhältnis zwischen Gegenwartskunst und Punk in Polen in den spät en 1970er und 1980er Jahren zeigt, einreihen. Ihren Fokus setzt sie auf Phänomene, die häufig im Verborgenen stattgefunden haben. Was Punk und Kunst in Polen dies er Jahre gemeinsam war, ist das B edürfnis sich dem Status quo der polnischen Ges ellschaft gegenüberzustellen: dem kommunistischen Regime, der Politik im Allgemeinen, das heißt den moralischen und ästhetischen kulturellen Standards. Der Slogan „ No Future “ der west europäischen Punkbewegung wurde im Osteuropa dieser Zeit gleichgesetzt mit dem herrschenden Regime, das den Menschen keinerlei Zukunft bot. Kunst und Punk, die sich aus der Subkultur heraus entwickelten, versprachen eine neue, bessere Zukunft. Der Titel der Ausstellung „I could live in Africa “ geht auf den 1983 entstanden gleichnamigen Dokumentarfilm über die polnische Punkband „Izrael “ des niederländischen Filmemachers und Drehbuchautors Jacques de Koning zurück. Während des in den frühen 1980er Jahren herrschenden Kriegsrechts in Polen formierte sich im Untergrund eine stilprägende Musikszene, die vor allem im Punk und New wave ihren Ausdruck fand. In einem Artikel des Punk- und Kunst-Fanzines „Post “ von 1981, verglich der heute als Kurator und Kunstkritiker bekannte Autor Piotr Rypson den polnischen Punk mit den dadaistischen und futuristischen Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts. Rypson erkannte in der polnischen Punkbewegung einen Angriff mittels Kultur gegen den Staat, der die Kultur in seinem Sinne monopolisierte, sanktionierte und kontrollierte.

In der Ausstellung werden neben Jacques de Konings Film, Arbeiten und Dokumentationen u. a. von Miroslaw Balka, Jozef Robakowski, Darek Skubiel und Michal Tarkowski zu sehen sein. Die Ausstellung „I could live in Africa“ wurde von Nicolaus Schafhausen initiiert und wird von Lukasz Ronduda und Michal Wolinski kuratiert. Sie entsteht in Zusammenarbeit mit dem Witte de With, Center for Contemporary Art in Rotterdam und ist Teil eines umfangreichen Ausstellungszyklus über moralische Vorstellungen und Ethik, der ab September 2009 in Rotterdam zu sehen sein wird. Lukasz Ronduda ist Kurator des Archivs des polnischen Experimentalfilms im Center for Contemporary Art Ujazdowski Castle in Warschau.

Michal Wolinski ist Kurator und Gründungsherausgeber der Kunstzeitschrift Piktogram, Warschau. Nicolaus Schafhausen ist Kurator und Direktor des Witte de With, Center for Contemporary Art in Rotterdam.

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I could live in Africa

Künstler: Jacques de Konings, Miroslaw Balka, Jozef Robakowski, Darek Skubiel, Michal Tarkowski ...

Kurator: Lukasz Ronduda, Michal Wolinski, Nicolaus Schafhausen