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Zulassen oder nicht, das ist für Internet-Nutzer heute die zentrale Frage. Die Möglichkeit, Bildquellen auf dem Computer anzusehen, ist häufig nur dann im vollen Umfang möglich, wenn man vorgeschaltete Werbefilme oder -fotos abspielen lässt. Wir werden zu einer Bildbetrachtung, die nicht in unserem Interesse liegt, gleichsam genötigt. Um Bilddateien oder Programme gratis öffnen zu können, muss man in Kauf nehmen, jede Menge anderer, emotionsgeladener Clips und Images zu ertragen. Bilder, die unsere Aufmerksamkeit bekommen (wollen), prasseln auf uns ein, und wir können nichts dagegen tun. Niemand weiß wirklich, wie sich diese Flut an Reizen auf unsere Psyche auswirkt. Viele Medienwissenschaftler beklagen, dass wir unsere Kommunikation heute nicht mehr unter Kontrolle haben. Dabei prognostizieren Netztheoretiker wie Howard Rheingold, dass die Lebensqualität im 21. Jahrhundert maßgeblich davon abhängt, ob es uns gelingt, Kontrolle über unsere Kommunikation zu erlangen oder nicht . Aber wie soll uns dies im Zeitalter des Bildersturms (nicht der Bilderstürmer!) gelingen? Sich ganz auszuklinken, erscheint jedenfalls als keine brauchbare Lösung.

Das Thema des Kontrollverlusts berührt insbesondere die Gewaltfrage. Sind aggressive Ausbrüche nicht häufig das Resultat, Situationen nicht zu verkraften und die Kontrolle über sich zu verlieren. Dabei wird die Eindeutigkeit von Opfer- und Täterrolle zum Teil in Frage gestellt. Insbesondere die Kunstvermittlung des Kunstverein Wolfsburg wird auf diese Zusammenhänge von I Can‘t Control Myself eingehen.

Die Ausstellung I Can’t Control Myself zeigt künstlerische Positionen, die sich mit der Schwierigkeit auseinandersetzen, sich in Web 2.0-Zeiten mit der Flut der Bilder und Gefühle, sowie dem Zustand des Kontrollverlusts zu konfrontieren. Künstler zeigen, wie sie mit dem Übermaß an Bildern und Reizen umgehen, wie sie reagieren, wie sie filtern oder, wenn sie diese nicht mehr bewältigen, wie sie außer Rand und Band geraten. Ludwig Meidner und Nam June Paik dienen in dieser Ausstellung als historische Referenzen, da sie das überbordende Großstadtleben und die Präsenz technischer Medien frühzeitig thematisierten. Eine besondere Art und Weise, den Kontrollverlust zu ertragen, besteht darin, ihn künstlerisch zu sublimieren und in einer Art ästhetischer Implosion zu einer komplexen Komposition zu verdichten. Die Produktion von Kunst ermöglicht in gewisser Weise einen positiven Umgang mit dem an sich erschreckenden Gefühl der Grenzüberschreitung.

Der Ausstellungstitel I Can’t Control Myself verweist zudem auf einen berühmten Song der Band „The Troggs“, die in den 1960er Jahren so mitreißende Hits wie „Wild Thing“ produzierte. Eine Punkversion von diesem Titel spielten The Buzzcocks ein. Joan Jett gab in den 1980er Jahren diesem Song eine interessante gendermäßige Wendung. In allen Versionen aber lautet der zentrale Satz: „When I’m with you, I can’t control myself“, Er drückt aus, wie das Begehren des Anderen zur Transgression führen kann..

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I Can’t Control Myself - Blastom und Symptom

Künstler:
Julius von Bismarck, Ludwig Meidner, Bernhard Moosbauer, Julia Oschatz, Nam June Paik, Mathilde ter Heijne, Anna Witt

Kuratoren:
Justin Hoffmann