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H. R. Fricker, 1947 in Zürich geboren, gehört zu den profiliertesten Künstlern seiner Generation. Geprägt durch die 68er-Bewegung und den Aufbruch der Kunst in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts entwickelte er ein aussergewöhnliches Werk, in dem sich kommunikative und ästhetische Strategien in innovativer Art und Weise verbinden. H. R. Fricker versteht seine künstlerische Tätigkeit gleichermassen als ästhetischen, sozialen und kommunikativen Akt. Er nutzt den Freiraum der Kunst für die Postulierung gesellschaftlicher Anliegen und infiltriert gleichzeitig mit seinen künstlerischen Aktivitäten die Gesellschaft. Dabei sucht er für seine Tätigkeit bewusst Räume ausserhalb des Galerien- und Museumsbetriebs und betritt damit oft auch verbotenes Terrain. Gleichzeitig gründet er eigene Museen und nutzt so eine traditionelle kulturelle Ausdrucksform für seine eigenen künstlerischen Recherchen. Das Besitznehmen von Räumen und das Verschieben von Kontexten ist so eine wichtige Strategie seiner Kunst.

H. R. Frickers künstlerisches Vorgehen entzieht sich einer Zuschreibung mit konventionellen Begrifflichkeiten. Seine Arbeiten könnten allenfalls als Konzept-, Aktions- oder auch Politkunst bezeichnet werden, wobei keiner dieser Begriffe die Sache genau trifft. Nicht einfacher macht den Umgang mit seinem Werk die Vielfalt der genutzten Ausdrucksmittel. Fricker plakatiert, stempelt, beschildert, fotografiert, schreibt und mailt. Er arbeitet an so unterschiedlichen Orten wie dem öffentlichen Raum, dem Briefumschlag, dem Wohnzimmer, aber auch im Internet. Hier und anderswo verändert er mit seinen Botschaften die Situation und schafft neue Kontexte, die die Wahrnehmung immer wieder zu irritieren vermögen. Einem Anschlag auf die Privatsphäre gleicht die 2010 gestartete Kampagne „Erobert die Wohnzimmer dieser Welt!“, die auch als Titel seiner Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau dient. Stets hat H. R. Fricker einen direkten Austausch ohne institutionelle Umwege gesucht und dabei oft „offene Türen“ eingetreten. Während früher das am Rande der Illegalität stehende Besetzen von öffentlichen oder staatlichen Territorien stand, dringt er heute durch den Verkauf von Schildern, Pins und Gadgets immer mehr in die Privaträume von Einzelpersonen ein. Durch die Anpassung seiner ästhetischen Strategien an den gesellschaftlichen Wandel wird H. R. Fricker zu einem der interessantesten Undergroundkünstler, der sich als Verfechter einer freien und autonomen Kunst immer wieder neu den vorgegebenen Definitionen verweigert. In der Ausstellung „Erobert die Wohnzimmer dieser Welt!“ wird das Werk von H. R. Fricker erstmals in seiner ganzen Breite sichtbar gemacht. Gezeigt werden neben frühen Fotoarbeiten und illegal in den Stadtraum gehängte Kleinplakate seine weltweit versandten Beiträge aus der Mailart- und Networkerszene. Ebenso veranschaulicht die Ausstellung seine zahlreichen realisierten und nicht realisierten Konzepte für Eingriffe in öffentliche Räume sowie die in den letzten Jahren realisierten Museumsgründungen wie das Alpsteinmuseum. Als Konsequenz seines Aufrufs „Erobert die Wohnzimmer dieser Welt!“ wird ein Teil der Ausstellung als Shop ausgestaltet.

Begleitend zur Ausstellung erscheint Mitte Dezember 2011 in der Edition Fink in Zürich ein 300-seitiges Buch mit rund 400 Abbildungen, das das Werk H. R. Frickers umfassend dokumentiert und in einen grösseren Kontext stellt. Texte mehrerer Autoren geben Aufschluss über Strategien und Themen von H.R. Fricker und definieren die Bedeutung des Künstlers in der Kunstgeschichte.

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H.R. Fricker
Erobert die Wohnzimmer dieser Welt!