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Der Neue Berliner Kunstverein präsentiert erstmalig den Filmemacher Hartmut Bitomsky in einer Kunstinstitution. Bitomsky ist ein herausragender deutscher Filmemacher mit internationaler Reputation. Bis heute hat er mehr als 40 Filme gedreht. Zu den bekanntesten gehören die Filme der Deutschland-Trilogie: Deutschlandbilder (1983), Reichsautobahn (1985) und Der VW Komplex (1988). Für Reichsautobahn als auch für Der VW Komplex erhielt er den Grimme-Preis.

Im Neuen Berliner Kunstverein inszeniert Bitomsky die großangelegte und raumfüllende Film-Sound-Installation Shakkei – Geborgte Landschaft. Dafür wird bisher ungesehenes Film- und Soundmaterial u. a. aus seinen Filmen Staub (2007) und B-52 (2001) recycelt und aufwendig zusammenmontiert. Inspiriert wurde er dazu vom japanischen Shakkei, dass für das „Ausborgen“ einer Landschaft steht. Japanische Gärten werden oft angelegt, in dem eine vorgefundene „natürliche“ Landschaft mit gestalteten Elementen verbunden wird. In der Betrachtung verschmelzen der natürliche und der gestaltete Teil miteinander. Der Vorgang des Recycelns und damit das Zurückführen in einen Verwertungszusammenhang – in eine neue Ökonomie der Bilder –, ist Ausgangspunkt für die n.b.k. Filmlandschaft, für die Bitomsky sein eigenes Material neu vorfindet, gestaltet und zu einem Ganzen verknüpft.

Bitomsky reflektiert seine Filmsujets als Symptome ihrer Zeit, indem er sie sozialen und politischen Betrachtungsweisen unterzieht. In oftmals aufwendigen Montagen entstehen essayistische Filmkompositionen, die mal minimalistisch, mal poetisch, mal sachlich wirken und denen der eigens komponierte Sound und die Off-Kommentare eine weitere Perspektive hinzufügen. Bitomskys jüngere Filme sind auf eine sogenannte post-industrielle Zukunft ausgerichtet, in der der Film eine andere Zukunft hat als bisher: „Das Kino ist in den vergangenen 100 Jahren der getreue Korrepetitor des industriellen Zeitalters gewesen. Und jetzt müssen wir uns darauf gefasst machen, dass eine bestimmte Art von Filmemachen, eine bestimmte Art, den Blick auf die Welt aufzuzeichnen, zu Ende gehen (Hartmut Bitomsky).“

Der Film B–52 (2001) beginnt mit einer 360°-Erkundung, um eine genaue Vorstellung über die Physis des Sujets zu bekommen: die Militärmaschine B-52. Das Großflugzeug wurde für den Kalten Krieg konstruiert, später in Vietnam und lange nach Ende des Kalten Krieges in Irak als Bomber eingesetzt. Das mit Düsentriebwerken angetriebene Langstreckenflugzeug war Prototyp für Großraumflugzeuge im Personenverkehr. Im Film wird die B-52 zu einer Metapher moderner Kriegsführung und ist Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung mit US-amerikanischer Weltpolitik am Ende des 20. Jahrhunderts sowie dem Kampf um globale Hegemonie und nukleare Vormacht. Der Film Staub (2007) wurde 2007 für das Filmfestival in Venedig ausgewählt. Zu dem Thema wurde Bitomsky während der Dreharbeiten zu dem Film B–52 inspiriert: In der amerikanischen Wüste wurde das Team durch die „Dust Devils“, Miniatur-Tornados, beim Filmen behindert. Der Reiz dieses freien Themas, welches ihm ermöglichte, sich mit dem Sujet treiben zu lassen, führte letztendlich zu Staub. Bitomskys filmisch-assoziativer Essay versteht den Begriff „Staub“ als Bezeichnung für einen Aggregatzustand, der sich der Kontrolle des Menschen entzieht und doch dem Reiz der Beherrschung unterliegt. So wird der Staub zum Medium soziokultureller, politischer und philosophischer Überlegungen.

Zur Ausstellung erscheint ein Werkbuch mit Texten und Materialien von Hartmut Bitomsky im Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln.

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Hartmut Bitomsky
Kurator: Marius Babias