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Nicole Wermers‘ Werke zielen auf den suggestiven Reiz von Oberflächen und die Adaption einer aus der bildenden Kunst vertrauten Ästhetik in unseren designten Alltag. Aschenbecher, die wie Skulpturen aussehen oder an Metalldetektoren gemahnende Skulpturen verunklären die Grenzen zwischen funktionaler Gestaltung und autonom gedachter Kunst. Auch die für ihre Ausstellung im Kunstverein konzipierten Werke fallen in diese Kategorie.

Wenn man standardisierte Industrieregale auf den Kopf stellt, zeigt sich, dass die Regalböden aus nach unten gekantetem Blech bestehen. Diese Art der Fertigung lässt die Böden massiver erscheinen, als sie es tatsächlich sind, und erhöht die Stabilität des Regals. Unabhängig von seinem eigentlichen Funktionszusammenhang lassen sich diese Hohlräume eines umgedrehten Regals aber auch als eigenständiges Aufbewahrungs- und Präsentationsmodul nutzen, um formlose Dinge wie Sand oder Wasser zur Schau zu stellen.

Wasseroberflächen und das sich darin spiegelnde Sonnenlicht, der Himmel und die Natur zählen zu den am häufigsten genannten visuellen Reizen, die Menschen mit Glück und natürlicher Schönheit verbinden. Für den Außenraum konzipierte Skulpturen sind deshalb oft so angelegt, dass sich Wasser punktuell in Vertiefungen ansammeln kann, so etwa bei den Werken der britischen Bildhauerin Barbara Hepworth.

Die Skulptur von Nicole Wermers, die tatsächlich an ein umgedrehtes, industriell gefertigtes Regal erinnert, präsentiert Wasser, als sei sie extra für diesen Zweck gefertigt worden. Aus der gezielten Zweckentfremdung und der Isolierung einer Beobachtung, die sich eigentlich nur im Außenraum machen lässt, entsteht eine eigentümliche Verschiebung. Als Möblierung des Raumes und in der Einbeziehung des Elements Wasser setzt die Skulptur Assoziationen frei von der Petrischale bis zum Swimmingpool. Als offenes Aufbewahrungssystem bzw. Display ist sie aber auch ein Gegenentwurf zur geschlossenen musealen Vitrine.

Hinzu treten Aufnahmen aus dem Musée Rodin in Paris. Auch diese zeigen eine eigenwillige Synthese aus Kunst und Interieur. Unzählige Spiegel in den Räumen des Hôtel Biron, einem Stadtpalast, der ab 1904 von zahlreiche Künstlern, darunter Rodin, bewohnt wurde, reflektieren die ausgestellten Plastiken sowie die Besucher, die sie betrachten. Die Fotografien zeigen schimmerndes Glas, die spiegelnden Oberflächen von Vitrinen sowie Details der ausgestellten Skulpturen und des Mobiliars. Die museale wie warenförmige Präsentation von Objekten und Skulpturen hinter Glas und die Applikation verschiedener Grade von Funktion ist hier genauso Thema wie das private Interieur als Ausstellungsort.

Wermers zeigt diese Fotografien in Rahmen, die an einfache Wechselrahmen erinnern, bei denen die schlichten Befestigungselemente jedoch durch aufwändige Bildträger ersetzt worden sind. Der Bilderrahmen, der beim traditionellen Wechselrahmen eigentlich dezent in den Hintergrund rückt, wird zu einer eigenen rahmenden Funktion, die selbst Anspruch auf dekorative Eigenständigkeit erhebt. Geometrische Elemente wie Halbkreise und Rechtecke verschiedener Größe halten Foto, Glas und Rückwand zusammen. Anders als im Original sind die Clips nicht regelmäßig verteilt, sondern entsprechend des darunter liegenden Motivs. Sie fügen den Fotografien einen illusionistischen Aspekt hinzu und verwandeln sie in dreidimensionale Collagen. In Funktion, Materialität und Plazierung erinnern sie an die uniformen Scharniere, Halterungen und Schlösser moderner Glastüren von Geschäften und Bürogebäuden und an Methoden der Aufhängung von Glasscheiben in öffentlichem Raum und Verkehrsmitteln.

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HABITAT. Eine Gruppenausstellung in sechs Teilen:

Nicole Wermers
Hôtel Biron