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Aus Anlass des 4. Europäischen Monats der Fotografie präsentiert die Kunststiftung Poll zwei Fotografen parallel und eröffnet beide Ausstellungen mit einem Gespräch über die Fotografie in Berlin.

Das Schaulager im Heizhaus im Hof der Gipsstraße zeigt mit der Distanz von 20 Jahren Bilder von Repräsentationsbauten der in jenem Moment implodierenden DDR. Doug Hall kam 1992 nach Berlin, wie viele andere ausländische Fotografen angezogen von der aktuell gewordenen Geschichte und dem Versprechen plötzlicher Veränderungen. Die vorgefundene „realsozialistische“, kommunistische Ästhetik bildete ein Pendant zu seinem eigenen Wahrnehmungsstil. Er setzte seine zentrale Renaissance-Perspektive ein, um die beherrschende Seite der Objekte durch ihre Ordnung, Monotonie und Farbigkeit umso mehr zu betonen. Die 156 x 123 cm großen hochformatigen Abzüge, ganz in der Linie der amerikanischen Fotografie der letzten Jahrzehnte, vermitteln beim Betrachter einen bedrückend-erhabenen Eindruck und zeigen gleichzeitig in ihrer mathematischen Formel Präsenz. Wie versiegelt erscheinen uns heute die Zeugnisse machtvollen Auftretens in der funktionalen Strenge der 1970er Jahre – Hall beschrieb es selbst: „Innenräume von entschiedener Fadheit, die einen sowohl psychologisch wie geistig betäuben […] Sie sind ebenso leer von Freude wie von Humor, Parodie oder Kritik. Es handelt sich hier um eine architektonische Sprache, in der weder Vergangenheit noch Gegenwart jenseits des Horizonts einer endlosen und banalen Gegenwärtigkeit vorstellbar sind“. Doug Hall wurde 1944 in San Francisco geboren. Er begann 1967 ein Studium an der Skowhegan School of Painting and Sculpture und setzte seine Ausbildung ab 1969 in Form eines Studiums der Plastik an der Rinehart School of Sculpture of the Maryland Institute of Art in Baltimore fort. Seit 1984 ist Hall Professor am Art Institute San Francisco.

In der Galerie der Kunststiftung Poll, im 2. OG, sind gleichzeitig Werke Göran Gnaudschuns zu sehen. Der Fotograf sucht in seinen Arbeiten den Moment, in dem sich der Portraitierte unbefangen der Kamera hingibt, sich ihr ohne Selbstkontrolle ausliefert und damit die schier unüberwindbare Grenze zwischen seiner Isolation als Individuum und der Außenwelt aufbricht. Das Medium der Fotografie ermöglicht es Gnaudschun, während des Portrait-Prozesses für einen kurzen Augenblick die ungeschützte Seele freizulegen. Er bewegt sich mit seiner Kamera an der Schnittstelle zwischen Außen und Innen. Was dabei entsteht, ist ein fotografisches Dokument, das zwar in der Wirklichkeit wurzelt, diese aber nicht abbildet. Vielmehr lässt das Festgehaltene Raum für die Empfindungen, Gedanken und Projektionen des Betrachters. Der Akt des Portraitierens ist für ihn der eigentliche reizvolle Part, weil sich dabei Stimmungen wandeln und etwas zum Vorschein kommt, was er einzufangen sucht: den Moment des Loslassens. Gnaudschun schätzt dabei die analoge Fotografie, weil diese weniger Raum für wesentliche Veränderungen bietet, als die digitale. Göran Gnaudschun wurde 1971 in Potsdam geboren. Von 1994 bis 2003 studierte er an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Prof. Timm Rautert Fotografie. Er schloss sein Studium als Meisterschüler ab. Neben seiner freischaffenden Arbeit als Fotograf ist Gnaudschun als Dozent tätig. Wir bitten um eine Ausstellungsbesprechung bzw. Ankündigung in Ihrem Medium. Weitere Informationen, auch Fotomaterial, können wir Ihnen kurzfristig übermitteln.

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Göran Gnaudschun: Portraits - Fotografie
Galerie der Kunststiftung Poll
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Doug Hall: Reste der Macht - Fotografie
Schaulager im Heizhaus im Hof der Gipsstraße